FONA3 — Ressourceneffiziente Kreislaufwirtschaft
Fristen
- Daten des Inkrafttretens
- 18.12.2017
- Ende der Laufzeit
- 31.12.2022
- Einreichungsfrist(en)
26.04.2018
- Förderinstitution
- Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)
Beschreibung
Der jährliche inländische Rohstoffkonsum in Deutschland ist mit derzeit etwa 15 Tonnen pro Kopf doppelt so hoch wie der globale Pro-Kopf-Durchschnitt. Das ist Ausdruck einer überwiegend linearen Wirtschaftsweise von Rohstoffentnahme – Produzieren – Nutzen – Entsorgen. Die deshalb notwendige Transformation hin zu einer weitgehend geschlossenen ressourceneffizienten Kreislaufwirtschaft wird zu der genannten Entkopplung beitragen. „Ressourceneffiziente Kreislaufwirtschaft“ bedeutet einen grundlegenden Umbau der linearen Wirtschaftsweise in weitgehend geschlossene Kreisläufe. Sie geht weit über den traditionell abfallwirtschaftlich geprägten Begriff der Kreislaufwirtschaft hinaus, welcher insbesondere auf Abfallmanagement bzw. das Recycling von Reststoffen fokussiert. Mit dem Konzept einer ressourceneffizienten Kreislaufwirtschaft wird das Ziel verfolgt, den Wert von Produkten, Komponenten und Rohstoffen innerhalb der Wirtschaft so lange wie möglich zu erhalten und möglichst wenig Abfall zu erzeugen. Dazu müssen Kreisläufe, branchenübergreifende Wertschöpfungsnetze oder Kaskadensysteme etabliert werden. Priorität hat dabei die verlängerte Nutzung und Kreislaufführung von Produkten, Baugruppen und Komponenten. Erst wenn keine weitere Kreislaufführung von Produkten oder ihren Komponenten möglich oder sinnvoll ist, sollen die enthaltenen Rohstoffe am Ende des Lebensweges möglichst durch Recycling dem Wirtschaftskreislauf wieder zugeführt werden.
Mit der Förderrichtlinie verfolgt das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) das Ziel, mit Hilfe von Forschung und Entwicklung Beiträge zur Umsetzung einer ressourceneffizienten Kreislaufwirtschaft zu leisten. Dabei müssen Produktkreisläufe mit Hilfe von Innovationen geschlossen und die dafür erforderlichen Geschäftsmodelle, Designkonzepte und digitalen Technologien bereitgestellt werden. Damit sollen die Gesamtrohstoffproduktivität erhöht, Abfälle vermieden und Umweltbelastungen verringert werden. Die Forschungsergebnisse sollen möglichst rasch in die wirtschaftliche Praxis und marktfähige Produkte überführt werden, um Unternehmen in Deutschland als wettbewerbsfähige Anbieter von Kreislaufwirtschaftslösungen zu stärken.
Gegenstand der Förderung
Im Rahmen der Förderrichtlinie werden Verbundvorhaben im Bereich der angewandten Forschung und industriellen Forschung und Entwicklung gefördert, die von den relevanten Akteuren in der Wertschöpfungskette und wissenschaftlichen Einrichtungen gemeinsam getragen werden und durch ein hohes wissenschaftlich-technisches Risiko gekennzeichnet sind. Eine interdisziplinäre und systemische Betrachtungsweise im Sinne der Nachhaltigkeit wird erwartet. Der sozioökonomische Kontext ist zu berücksichtigen. Vorausgesetzt wird ferner eine integrative und fachübergreifende Herangehensweise, welche Stoff- und Energieeinsätze der gesamten Wertschöpfungskette einbezieht und auch mögliche Problemverschiebungen und Leistungs- bzw. Qualitätseinbußen darstellt. Es wird von den Zuwendungsempfängern erwartet, dass im Zuge der Verwertung der Projektergebnisse praxisreife Lösungen, Produkte und Dienstleistungen anvisiert, Innovations- und Umsetzungshemmnisse überwunden und neue Formen der Kooperation angestoßen werden. Lösungsansätze und Handlungsoptionen müssen Modellcharakter haben, die eine Übertragbarkeit der Ergebnisse sicherstellen. Ein besonderes Augenmerk liegt auch auf der Beteiligung von Anwendern und Verbrauchern, sowie auf kleinen und mittleren Unternehmen (KMU).
Die Forschungsergebnisse sollen die Akteure befähigen, innovative wirtschaftlich tragfähige Produktkreisläufe, Netzwerke und Kaskadensysteme zu entwickeln und in die Praxis umzusetzen.
Forschungsprojekte müssen mindestens einen, können aber auch mehrere der nachfolgend beschriebenen Themenschwerpunkte adressieren. Die in den Themenschwerpunkten skizzierten Forschungsbedarfe sind beispielhaft zu verstehen und schließen andere Fragestellungen oder weitere Forschungsbedarfe nicht aus.
Themenschwerpunkte
- Designkonzepte für die Kreislaufführung von Produkten, beispielhafte Forschungsthemen sind u. a.:
- Neue Designkonzepte und Instrumente zur Berücksichtigung der zusätzlichen Anforderungen der Kreislaufwirtschaft und von Geschäftsmodellen an Produkte, Komponenten, Gebäude oder Infrastruktur (z. B. Modularisierung, Reparatur- und Upgrade-Fähigkeit, Standardisierung von Komponenten, Einsatz wiederverwendeter Bauteile und Erhöhung des Rezyklatanteils in Produkten)
- Integration von zusätzlichen Funktionen und Schnittstellen für digitale Systeme zur Steuerung von Produktflüssen, Langzeitkompatibilität von Komponenten, Systeme zur Produkt-/Bauteilkennzeichnung, Datenmanagement zwischen Designer und nachfolgenden Wertschöpfungsstufen, zuverlässige Datenlöschung von Gebrauchtgeräten
- Zusammenarbeit von Akteuren entlang des Produktlebensweges zur Umsetzung kreislauffähiger Designkonzepte, Rückkopplung ins Produktdesign
- Innovative Geschäftsmodelle für die Kreislaufwirtschaft, beispielhafte Forschungsthemen sind u. a.:
- Entwicklung neuer Geschäftsmodelle oder Kooperationsformen zur Umsetzung einer ressourceneffizienten Kreislaufwirtschaft, insbesondere unter Nutzung der Möglichkeiten der Digitalisierung
- Entwicklung unternehmensübergreifender Symbiosen, in denen (Neben)Produkte und Stoffe sowie gegebenenfalls Abfälle oder Abgase eines Unternehmens als Input-Material für ein anderes Unternehmen genutzt werden. Entwicklung von Tools insbesondere für KMU zur Unterstützung der optimalen Verwertung von Materialien
- Identifizieren und Beheben von Engpässen für die Umsetzung von Geschäftsmodellen, Verbesserung der Bereitstellung von Produktinformationen durch Hersteller an unabhängige Dienstleister oder andere Akteure zur Ermöglichung von Reparaturdienstleistungen, Verbesserung der Markttransparenz zum Zustand von Gebrauchtprodukten, Umgang mit sozial-psychologischen Barrieren gebrauchte Geräte anzuschaffen
- Berücksichtigung juristischer Aspekte und Gewährleistungsfragen, Empfehlungen zur Weiterentwicklung des Rechtsrahmens, Handlungsempfehlungen für ökonomische Steuerungsinstrumente und Anreizsysteme
- Betriebswirtschaftliche Forschung zur Bewertung von neuen Geschäftsmodellen und Unternehmen
- Praxistaugliche Bewertungswerkzeuge für die erwarteten Umweltverbesserungen durch die neuen Geschäftsmodelle sowie Einbindung in Reportingmechanismen
- Kreislaufschließung durch digitale Technologien, beispielhafte Forschungsthemen sind u. a.:
- Intelligente Vernetzung von Maschinen, Geräten und Menschen zur Erhöhung der Ressourceneffizienz und Kreislaufschließung, Internet der Dinge, Maschine-zu-Maschine-Kommunikation, hybride oder autonome Robotersysteme, Zustandsüberwachung von Anlagen und Gerätekomponenten
- Erfassung, Management und Analyse produkt-/anlagenbezogener Daten entlang des gesamten Lebenszyklus, Nachverfolgung und Rückführung von Produkten und Komponenten durch intelligente Anlagen und Produkte (z. B. RFID, marker- oder sensorgestützte Technologien), Urban Mining (z. B. digitale Modelle von Infrastrukturen, Gebäuden oder Verkehrsmitteln)
- IT-gestützte Werkzeuge für das Closed Loop Supply Chain Management, Steuerung von Produkt- und Stoffströmen zur Kreislaufschließung und Steigerung der Ressourceneffizienz in Betrieben oder über ganze Wertschöpfungsketten hinweg inkl. Rückflüsse von Gütern (Reverse Logistik-Ketten)
- Stoffstromverfolgung am Produkt-Lebensende, Verifizierung des Einsatzes hochwertiger Reparaturverfahren, Vermeidung illegaler Exporte
- Innovative Refabrikationstechnologien und ‑prozesse, Vor-Ort-Entscheidungsunterstützung zum Handling von Altprodukten in Echtzeit, Produkt-Informationssysteme für eine Optimierung von Demontageprozessen, Digitalisierung der Produkte (Inventar‑, Haltbarkeits‑, Schadstoff-Signale) zur Steuerung der Zuordnung zu Anlagen oder Ausschleusung aus dem Kreislauf
- IT-basierte Lösungen für die Umsetzung von Geschäftsmodellen wie Sharing-Konzepte oder Kollaborationsplattformen, Ergänzung gängiger ERP-Systeme (Enterprise-Resource-Planning) zur optimalen Verwertung von Produktionsabfallströmen
- Modellierung, Simulation und Steuerung von Ressourceneffizienzeffekten im Lebenszyklus, Einsatz künstlicher Intelligenzsysteme, Prozessoptimierung und ‑kontrolle, simulationsbasiertes Design for Recycling
Da die zunehmende Digitalisierung mit einer wachsenden Nachfrage nach speziellen Rohstoffen (z. B. Elektronikmetalle, Seltene Erden) verbunden ist, sollten eventuelle Problemverschiebungen mitbetrachtet werden. Ferner ist die Thematik Datenschutz und Datensicherheit als eine mögliche Hürde bei der Einführung digitaler Technologien entsprechend zu berücksichtigen.
Für alle Forschungsprojekte gilt, dass begleitende Analysen zum Abbau von Hemmnissen für hochwertige Kreislaufführung z. B. in den Bereichen Chemikaliengesetzgebung, Abfallrecht, Produkthaftung, Produzentenverantwortung, Markenrecht, Nutzererwartungen, ökonomische Anreizsysteme oder langfristige Stabilität von Standards und Gesetzen bei Bedarf integriert werden sollten.
Die alleinige Entwicklung oder Optimierung von stofflichen Recyclingverfahren für die Rückgewinnung von Sekundärrohstoffen liegt nicht im Fokus der Förderrichtlinie und ist nicht förderfähig. Schnittstellen zu Recyclingprozessen können von den Projekten aber mitbetrachtet werden, beispielsweise wenn aus wirtschaftlichen oder technologischen Gründen keine weitere Kreislaufführung der betrachteten Produkte möglich ist oder bestimmte Stoffströme ausgeschleust werden müssen.
Vernetzungs- und Transfervorhaben
Es ist darüber hinaus beabsichtigt, ein übergreifendes Vernetzungs- und Transfervorhaben zu fördern, das die Innovationskraft der umsetzungsorientierten Verbundprojekte durch eine gezielte Vernetzung der Verbünde untereinander sowie mit ihrem Umfeld stärken soll. Themenverwandte nationale, europäische und internationale Initiativen sollen berücksichtigt werden. Des Weiteren soll das Projekt professionelle Transferunterstützung leisten und die Fördermaßnahme durch übergreifende Öffentlichkeitsarbeit und die Bearbeitung branchen- und technologieübergreifender Querschnittsfragen verstärken. Die Durchführung erfolgt in enger Abstimmung mit dem BMBF und dem Projektträger und umfasst die projektübergreifende Erhebung und Analyse von Daten im Rahmen der in der Fördermaßnahme erzielten Forschungsergebnisse z. B. zum Nachhaltigkeitspotenzial, die Vorbereitung, Durchführung und Auswertung von Statusseminaren, die Unterstützung bei Diskussionsforen sowie die Erstellung und Verbreitung von Informationsmaterialien im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit.
Das BMBF geht von einem Eigeninteresse des Zuwendungsempfängers für das Vernetzungs- und Transfervorhaben an der Aufgabenstellung aus. Dieses Eigeninteresse ist bei der Antragstellung entsprechend darzulegen. Die im Rahmen dieser Bekanntmachung geförderten Forschungs- und Entwicklungsprojekte werden zu einer Kooperation mit dem Vernetzungs- und Transfervorhaben verpflichtet.
Zuwendungsempfänger
Antragsberechtigt sind Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft, Hochschulen und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen, Gebietskörperschaften (mit Ausnahme des Bundes) und ihre Einrichtungen und gesellschaftliche Organisationen (wie z. B. Stiftungen, Vereine und Verbände) in der Europäischen Union.
Verfahren
Das Antragsverfahren ist zweistufig angelegt