Aktuelles
Protokoll des Treffen des Netzwerks Kunststoff- und Textilrecycling am 04.07.2024 beim Fraunhofer UMSICHT, Institutsteil Sulzbach-Rosenberg
09.09.2024
Protokoll des Netzwerktreffens Kunststoff- und Textilrecycling
am 04.07.2024 beim Fraunhofer UMSICHT, Institutsteil Sulzbach-Rosenberg
- Herr Haralabos Zorbas von der IBB Netzwerk GmbH begrüßt die Gäste und gibt eine kurze Einleitung zum Treffen. Er bringt als Beispiel für richtiges nachhaltiges Agieren die UMSICHT-Demonstrationsanlage zum Recycling von teerhaltigem Straßenaufbruch [1]: Obwohl dieses Beispiel nichts mit Biotechnologie zu tun hat, würde man hier drei Grundkriterien der Nachhaltigkeit erfüllt sehen: Die Erfindung innovativer Techniken, das Recycling an sich und die Berücksichtigung vom Energieeinsatz dabei, der niedriger als bei konventionellen Techniken sein sollte und er hier ist.
- Herr Matthias Franke, der Institutsleiter, stellte die verschiedenen Aktivitäten vom Fraunhofer UMSICHT, Institutsteil Sulzbach-Rosenberg, vor.
- Herr Roland Klein vom Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit und Systemzuverlässigkeit (LBF) schildert in seinem Vortrag ausgiebig die Probleme mit Plastik im Allgemeinen, wie Thermo- bzw. Photooxidation, die zu Degradation der Polymere und damit zur Verschlechterung der mechanischen Eigenschaften, der Farbe und des Gebrauchswerts führen. Diese Degradation von Polymeren kann man durch Additivierung von Stabilisatoren verlangsamen. Bei rezykliertem Plastik ist die oxidative Alterung sowie weitere Probleme (Molekulargewichtsabbau, Verzweigungen, Vernetzungen und neue chemische Gruppen, die als Initiatorstellen für einen weiteren beschleunigten Abbau agieren) erst recht vorhanden. Hinzu kommt, dass Verschnitte und Mischungen sowie der Einfluss von Fremdkörpern die Leistung beeinflussen. Herr Klein zeigte aber, dass bestimmte Additive, eine neue Generation von Rezyclatstabilisatoren, die Eigenschaften von Rezyklaten auf die von Neuware anheben können. Er stellte einige dieser Additive und ihre Wirkung vor, die beim Fraunhofer LBF vollständig aus natürlichen, erneuerbaren Ressourcen hergestellt werden. Eine weitere Bewertung anderer Rezyclatströme und ihrer Mechanismen ist im Gange.
- Herr Uwe Bölz von der HPX Polymers GmbH definierte zuerst den Begriff „nachhaltige Polymere“ als „basierend auf natürlichen, Ressourcen-schonend, recyclebar und biologisch abbaubar“. Er stellte wasserlösliche Polymerprodukte vor, die jedoch nicht durch eine Standardherstellung herstellbar sind: Sie fordern ein modifiziertes Herstellungsverfahren. Eigenschaften wie Haftung, Zähigkeit — Steifigkeit, Viskosität, Schmelzefestigkeit etc. sind nur mit geeigneten Additiven möglich. Wasserlösliche Polymerprodukte haben aber auch spezielle/spezifische Vorteile, wie gute Rezyklierbarkeit, sie sind eine sehr gute spezifische Sauerstoffbarriere, sie haben gute, leicht einstellbare mechanische Materialeigenschaften und sie sind bioabbaubar. Rezyklate weisen spezifische Probleme auf: keine thermodynamische Mischbarkeit der Basispolymere (PE, PP, PS, PET); sie haben Einfärbungen, Verunreinigungen & Akkumulierung von Fremdstoffen; und sie müssen gesammelt, getrennt und aufbereitet werden. Herr Bölz zeigte neue Konzepte zu vollständig rezyklierbaren Barrierelaminaten für Verpackungsanwendungen auf, wie etwa bio-basierte und bio-abbaubare Barriereverpackungskonzepte basierend auf wasserlöslichen Polyvinylalkoholsperrschichten (PVOH). Er schilderte den aktuellen Stand des „green packaging“: Biologisch abbaubares Folienmaterial ist für Anwendungen mit mittleren Barriereanforderungen bisher nur bedingt geeignet; bei Polymeren auf Basis nachwachsender Rohstoffe sind Verfügbarkeit und Preis noch ein Thema; CO2-Reduktion, z. B. Folienverbund ohne Aluminium, reduzierte Schichtdicken, Einsatz ultradünner Schichten unter Abstrichen ist immer möglich; beim Papierrecycling sind nutzbare Materialqualitäten, Produkte, Prozesse und Materialkreislauf inkl. Tertiärnutzung schon weitgehend geschlossen und optimiert, beim Kunststoff sind noch viele Detailprobleme zu lösen.
- Frau Julia Rautschek vom TITK beschreibt Beiträge und Forschungsansätze zur Etablierung zirkulärer Textilien. Zuerst schildert sie die Dienstleistungen des TITK (Prüfdienstleistungen; Material‑, Verfahrens- und Technologie-Entwicklung; Produkt-Management, Produktion und weltweiter Vertrieb). Sie geht speziell auf die Abteilung Funktionspolymersysteme und dort auf die Arbeitsgruppe Additive und Polymere ein, und sie schildert die Entwicklung von Polymerwerkstoffen mit spezifischen Eigenschaften, etwa Heizfolien mit Überhitzungsschutz, antibakterielle Additive und Additive für Plagiatschutz. Zum Thema Recycling beschreibt sie die Faserentwicklung für recyceltes PET (rPET) und insbesondere die Entwicklung einer nachhaltigen, zirkulären Plauener Spitze® aus rezykliertem Polyester textilen Ursprungs mit möglichst hohem Weißgrad; ebenso die Entwicklung eines innovativen Markersystems zur Detektierung textiler Kreisläufe. Abschließend stellt sie Ansätze für mögliche Projekte vor.
- Anregende Diskussionen und Networking bei der Mittagspause
- Daraufhin schließt sich eine Führung durch die Technika des Fraunhofer UMSICHT, die von Herrn Hofmann geleitet wird. Herr Hofmann zeigt verschiedene Stationen für Entwicklungen nach dem TCR-Verfahren [2]. Bei diesem Verfahren werden biologische Reststoffe unter Luftausschluss und bei hohen Temperaturen umgesetzt. Unter diesen Bedingungen entstehen ein wasserstoffreiches Synthesegas, Bio-Kohle und ein thermisch stabiles Bio-Öl. Das Bio-Öl besteht nahezu ausschließlich aus Aromaten, so dass dieses zukünftig als nicht-fossile Aromatenquelle dienen könnte.
- Herr Stephan Kabasci vom Fraunhofer UMSICHT, Mutterinstitut in Oberhausen, präsentiert zuerst das Institut und dann die Kooperationsplattform „KlarTEXt“, die die Kommunikation als Schlüssel für eine nachhaltige Textilwirtschaft unterstützen und erleichtern soll. Der Konsum von Textilien hat Auswirkungen auf das Klima, den Wasser- und Energieverbrauch sowie die Umwelt – 2 bis 10 Prozent der EU-Umweltbelastung beruhen auf Kleidungskonsum. Das Fraunhofer-Institut UMSICHT startete mit anderen Partnern ab Mai 2023 das Projekt „KlarTEXt“ [3], womit sie die Hindernisse für eine nachhaltige und umweltfreundliche Textilwirtschaft überwinden wollen. Das Projekt wird über vier Jahre mit rund zwei Millionen Euro vom NRW-Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen gefördert. Die 1.400 deutschen, überwiegend mittelständischen Unternehmen der Branche stellt diese erforderliche Transformation vor große Herausforderungen. Viele der Unternehmen benötigen dazu starke Partnerschaften. „KlarTEXt“ möchte die Lücke zwischen Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft mit Fokus auf die Textil- und Bekleidungswirtschaft schließen. Die Forschungsthemen sollen in verständlicher Sprache mit der Gesellschaft geteilt werden. Herr Kabasci stellt einige Arbeiten des Instituts zu „Textil“ vor, wie Abbauversuche, Materialentwicklung, Ledergerbung, Stoffströme von Mikroplastik, Textilexperimente mit neuen Technologien, u.a. Biotechnologie, etc. Ebenso erwähnt er die Orte, wo „Partizipation“ erfolgt: Supermarkt der Ideen in Oberhausen, das gläserne Labor in Dortmund, Makerspace im Institut selbst. Die Institutsaufgaben im Projekt sind: Gesellschaftlicher Transfer/Konzept, Bereitstellung/Umsetzung; Unterstützung der Vernetzungsplattform/Struktur, Inhalte; und das Anlegen entsprechender Datenbanken. Herr Kabasci erzählt, was bereits geschehen ist und was da noch kommen soll.
- Herr Wilfried Peters von der IBB Netzwerk GmbH stellt abschließend Fördermöglichkeiten für Recyclingprojekte vor. Vor allem wird der Förderaufruf Ressourceneffizienz und Circular Economy innerhalb des 8. Energieforschungsprogramms des BMWK detailliert dargestellt. Neben KMU und Forschungseinrichtungen sind auch Unternehmen der Großindustrie antragsberechtigt. Investive Demonstrationsvorhaben werden vom BMUV im Umweltinvestitionsprogramm gefördert. Hier müssen die Forschungs- und Entwicklungsarbeiten bereits abgeschlossen sein. Weitere Fördermöglichkeiten für KMU (und Forschungseinrichtungen) ergeben sich bei den Programmen “KMU-innovativ: Ressourcen- und Kreislaufwirtschaft” und (spezifisch) “KMU-innovativ: Bioökonomie” des BMBF und beim technologieoffenen “Zentralen Innovationsprogramm Mittelstand” des BMWK.
- Es folgt eine angeregte Diskussion über das Weiterführen des Netzwerks, sowohl hinsichtlich des Inhalts als auch hinsichtlich der Außendarstellung. Die vorherrschende Meinung ist, dass das Netzwerk auf mehrere Gebiete des Recyclings erweitert werden soll; außerdem soll es umbenannt werden zu „Kreislaufwirtschaft“, was ja alles beinhaltet. Darüber hinaus findet der Vorschlag der IBB, das Netzwerk als ZIM-Innovationsnetzwerk vom BMWK fördern zu lassen, allgemeine Zustimmung. In diesem Zusammenhang möchten Herr Bölz und Herr Kabasci, KMUs, die sie kennen, bezüglich Mitgliedschaft im neuen ZIM-Innovationsnetzwerk ansprechen. Es könnten z.B. auch Firmen angesprochen werden, die sich mit dem Design von Verpackungen auseinandersetzen (z.B. pacoon GmbH, etc.). Außerdem sollte die gesamte Wertschöpfungskette abgebildet werden.
- Eine Lösung, bei der die Treffen abwechselnd in München und bei Netzwerkpartnern stattfinden, wird unter den Teilnehmern zwar bevorzugt, es soll aber noch eine diesbezügliche Umfrage unter allen Netzwerkpartnern erfolgen. Außerdem wird angeregt, dass die Termine für die Treffen früher bekanntgegeben werden.
- Als krönender Abschluss findet eine Besichtigung der Pyrolyseanlage für Biomasse am Standort Hohenburg statt. Diese Anlage ist das Herzstück des vom Fraunhofer UMSICHT etablierten TCR®-Verfahren.
[1] https://www.umsicht-suro.fraunhofer.de/de/presse/pressemitteilungen/2024/Niedertemperatur-Demoanlage-zur-Dekontamination-von-teerhaltigem-Strassenaufbruch.html
[2] Thermokatalytisches Reforming, https://www.umsicht-suro.fraunhofer.de/de/unsere-loesungen/tcr-technologie.html
[3] https://www.umsicht.fraunhofer.de/de/presse-medien/pressemitteilungen/2023/projektstart-klartext.html