EFI-Gutachten 2014: Deutschland verliert Spitzenforscher und das EEG verfehlt Wirkung
26.02.2014
Die besten deutschen Wissenschaftler gehen ins Ausland – und kommen nicht mehr zurück. Davor warnt die Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI). Für Spitzenforscher sei das deutsche Forschungssystem derzeit nicht attraktiv genug, worunter die Forschungsqualität in Deutschland leide. Außerdem sehen die Regierungsberater keine Rechtfertigung für die Fortführung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG). Das EEG mache den Strom teurer, trage aber weder zu mehr Klimaschutz bei noch habe es zu Innovationen geführt, so das Fazit der Experten in ihrem aktuellen Jahresgutachten.
Deutschland verliert zu viele seiner Spitzenforscher
Insgesamt hat Deutschland laut EFI-Bericht im internationalen Vergleich eine „eher mäßige“ und „ernüchternde“ Bilanz von Zu- und Abwanderung bei Wissenschaftlern aufzuweisen. Zwischen 1996 und 2011 sind 19.000 Forscher nach Deutschland gekommen, aber 23.000 sind ins Ausland gegangen. Mit einem negativen Saldo von 4.000 Abgewanderten liegt Deutschland im internationalen Vergleich lediglich an 19. Stelle und damit deutlich hinter vielen anderen OECD-Staaten. Besonders problematisch sind aus Sicht der Experten die Qualitätsunterschiede zwischen zu- und abwandernden Wissenschaftlern. Die Qualität eines Forschers wird daran gemessen, wie oft er in Fachzeitschriften zitiert wird. Auch diese Bilanz fällt für Deutschland klar negativ aus: Die Abwandernden sind im Schnitt besser als die Zuwandernden. „Die internationale Wissenschaftlermobilität führt tendenziell zu einer Reduktion der Forschungsqualität in Deutschland“, urteilen die Experten. Deutlich besser als Deutschland schneiden etwa die USA, die Schweiz, Dänemark und Kanada bei der Zu- und Abwanderung von Wissenschaftlern ab. Insbesondere die USA, die Niederlande und Großbritannien schaffen es, die besten ihrer ins Ausland abgewanderten Forscher ins Land zurückzuholen. Ganz anders ist die Situation in Deutschland: „Die Besten wandern ab, kehren aber nur selten nach Deutschland zurück. Sie verbleiben an attraktiven Forschungsdestinationen im Ausland“, schreibt die Kommission. Dort bilden sie in vielen Fällen die größte Zuwanderergruppe, etwa in den USA oder in mehreren europäischen Ländern wie zum Beispiel Dänemark, Großbritannien und der Schweiz. Die Experten fordern die Politik auf, das deutsche Wissenschaftssystem an der Spitze noch wettbewerbsfähiger zu machen und eine gute Grundfinanzierung und exzellente Projektfinanzierung für die öffentliche Forschung sicherzustellen, um mehr Spitzenforscher nach Deutschland zu holen. Deutschland muss sich stärker bemühen, internationale Talente zu gewinnen und insbesondere die besten jungen Wissenschaftler in der Doktoranden- und PostDoc-Phase nach Deutschland zu holen und zu halten. Die Einwanderungsregelungen für ausländische Forscher und ihre Familien sollten deutlich erleichtert werden.
EFI-Gutachten: EEG fördert weder Klimaschutz noch Innovationen
Das EEG habe als zentrales Instrument der deutschen Klima- und Energiepolitik versagt, schreiben die Regierungsberater. Zwar konnte der Anteil der erneuerbaren Energien an der Bruttostromerzeugung seit der Einführung des Gesetzes im Jahr 2000 von 7 auf 23 Prozent erhöht werden, das aber zu enormen Kosten. Die EEG-Vergütungszahlungen an die Anlagenbetreiber stiegen nämlich von 883 Millionen Euro im Jahr 2000 auf 23 Milliarden Euro im Jahr 2013. Mittlerweile macht der EEG-Umlagebeitrag rund ein Fünftel des durchschnittlichen Strompreises für die Verbraucher aus. Diese Kostenexplosion ist aus Sicht der Kommission vor allem deshalb kritisch, weil „das Argument Klimaschutz, welches häufig als Rechtfertigung für das EEG angeführt wird, nicht trägt“. Da die CO2-Emissionen für energieintensive Branchen durch das Emissionshandelssystem der EU gedeckelt sind, reduziert der verstärkte Ausbau der Erneuerbaren Energien in der deutschen Stromversorgung europaweit keine CO2-Emissionen. Diese verlagern sich lediglich in andere Sektoren und ins europäische Ausland. Das EEG sorgt nicht für mehr Klimaschutz, zudem erhöht es die Kosten, kritisieren die Experten. Hinzu kommt, dass es durch das EEG keinen messbaren Innovationsschub gibt. Die festen Einspeisevergütungen des EEG bieten keinen Anreiz zur Entwicklung neuartiger Technologien. Da sich die Vergütung nach den Durchschnittskosten richtet, verdient ein Innovator an einer neuartigen Technologie nicht mehr als an einer schon bestehenden, jedoch ist die Investition in die neuartige Technologie mit mehr Risiko verbunden. Die technologische Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Anbieter hat sich daher nach Einführung des EEG nicht verbessert. Die Expertenkommission kommt zu dem Schluss: Das EEG ist weder ein kosteneffizientes Instrument für Klimaschutz noch scheint es eine messbare Innovationswirkung zu entfalten. Mit diesen beiden Gründen lässt sich daher eine Fortführung des EEG nicht rechtfertigen. Im Vorjahresgutachten hatte die Kommission bei den Erneuerbaren Energien bereits ein massives Missverhältnis zwischen Nachfrageförderung und FuE-Förderung konstatiert und sich dafür ausgesprochen, dieses Verhältnis zugunsten der FuE-Förderung zu korrigieren.
Über die Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI)
EFI leistet wissenschaftliche Politikberatung für die Bundesregierung und legt regelmäßig Gutachten zu Forschung, Innovation und technologischer Leistungsfähigkeit Deutschlands vor. Wesentliche Aufgabe der EFI ist es dabei, die Stärken und Schwächen des deutschen Innovationssystems im internationalen und zeitlichen Vergleich zu analysieren und die Perspektiven des Forschungs- und Innovationsstandorts Deutschland zu bewerten. Auf dieser Basis entwickelt die EFI Vorschläge für die nationale Forschungs- und Innovationspolitik. Das gesamte EFI-Gutachten 2014 finden Sie unter www.e‑fi.de, die Kurzfassung steht Ihnen in der rechten Spalte als Download zur Verfügung. Quelle: idw/EFI (Zusammenfassung zweier Pressemeldungen, gekürzt)