Die Zukunft des Weinbaus: Wie KI den Rebschnitt revolutioniert
So funktioniert KI im Weinbau
Um das zu erreichen, haben Stephan Krauß und sein Team von Wissenschaftlern am DFKI und der RPTU Kaiserslautern eine KI-Technologie entwickelt, die bei einem besonders anspruchsvollen Prozess während des Weinanbaus unterstützen soll: dem optimalen Rebschnitt. Die technologische Lösung beruht dabei auf mehreren Schritten.
Zunächst werden Bilder von Rebstöcken erfasst und mithilfe von KI-Algorithmen die Bestandteile der Pflanze identifiziert. Nach der Identifizierung der einzelnen Bestandteile folgt die 3D-Rekonstruktion der Weinreben. Hierbei werden die erfassten Bilder verwendet, um ein genaues dreidimensionales Modell der Weinreben zu erstellen. Dieses Modell ermöglicht es, die räumliche Struktur der Reben präzise zu beschreiben und zu analysieren.
Basierend auf diesen Daten werden klare Handlungsempfehlungen für den sogenannten „sanften Rebschnitt“ definiert, also: Wo kann und sollte die Pflanze geschnitten werden? Dabei berücksichtigt die KI verschiedene Faktoren wie den Zustand der Reben, das Alter und die entsprechenden Wachstumsmuster. Durch die Anwendung dieser Regeln wird der Winzer dann bei jedem Schnittvorgang präzise geleitet, um die Pflanze möglichst schonend zu schneiden und eine langfristige Gesundhaltung des Rebstocks zu gewährleisten.
Ein zentraler Aspekt der KI im Weinbau ist die kontinuierliche manuelle Verbesserung und Anpassung der Algorithmen. Durch die Analyse von Feedbackdaten aus realen Schnittvorgängen können die Algorithmen laufend optimiert werden, um die Effizienz und Qualität des Rebschnitts weiter zu steigern. Das System optimiert sich dabei nicht selbstständig, sondern sämtliche Anpassungen werden händisch durch die Forschenden vorgenommen.
Anwendungsmöglichkeiten und Zukunftsperspektiven
Bislang läuft die KI-Technologie auf mobilen Endgeräten via einer Android-App, doch die Verarbeitung erfolgt zum Teil auf einem Server, denn: die Rechenleistung auf beispielsweise dem Smartphone allein reicht nicht aus. Die gewünschten Informationen werden innerhalb von rund 3 Minuten geliefert. Eine Übertragung in Echtzeit ist bislang aufgrund der immensen Datenmenge auf besagten Geräten nicht möglich. Daher beschäftigen sich die Wissenschaftler aktuell damit, wie sämtliche Berechnungen schlussendlich vor Ort – auf dem Mobilgerät – vorgenommen werden können.
Trotz gegenwärtiger Limitierungen bietet die Anwendung eine Vielzahl an Use Cases, um den Weinbau nachhaltig zu transformieren. „Ein großes Feld, das wir mit unserer Technologie bereits bedienen können, ist der Ausbildungsbereich von Winzern. Dort können wir für Schulungszwecke ein anschauliches Hilfsmittel anbieten, dass Nachwuchsfachkräften das Erlernen von den anspruchsvollen Schnitttechniken stark erleichtert“, erklärt Stephan Krauß vom DFKI.
In naher Zukunft könnte die DFKI-Entwicklung auch effizient in den Weinbergen zum Einsatz kommen. Ein vielversprechender Ansatz, um dies zu ermöglichen, ist die Entwicklung eines auf dem Kopf tragbaren Displays (AR-Brille), das Bilder direkt in das Auge projiziert. Das könnte es Winzern ermöglichen, ihre Hände beim Schneiden freizuhaben und gleichzeitig visuelle Anleitungen zu erhalten.
Herausforderungen auf dem Weg zur Automatisierung
Obwohl die KI-Technologie bereits beeindruckende Fortschritte im Weinbau möglich macht, stehen noch einige Herausforderungen bevor. Eine davon betrifft die Integration der Technologie in Robotersysteme, die den Rebschnitt autonom durchführen sollen. „Die Steuerung des Roboters, die Planung der Schnittreihenfolge und die Wahl der Schneidetechnik sind komplexe Aufgaben, die noch gelöst werden müssen. Zudem stellt die Entwicklung von Hardware, die den Anforderungen im Weinbau gerecht wird, eine weitere Herausforderung dar“, so Krauß.
Trotz dieser Hürden ist die Zukunft des Weinbaus mit KI vielversprechend – sei es durch die Automatisierung von Prozessen, Gewinnung von Daten über die Pflanzen oder Verbesserung des Schulungsportfolios von Winzerakademien. Die Fortschritte werden es ermöglichen, die Zusammenarbeit von Mensch und Maschine im Weinbau weiter zu optimieren und neue Maßstäbe in Sachen Nachhaltigkeit und Qualität zu setzen.