FONA³ — CO2 als nachhaltige Kohlenstoffquelle CO2-WIN
Fristen
- Daten des Inkrafttretens
- 03.08.2018
- Ende der Laufzeit
- 30.06.2021
- Einreichungsfrist(en)
15.11.2018
- Förderinstitution
- Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)
Beschreibung
Mit der Fördermaßnahme „CO2 als nachhaltige Kohlenstoffquelle – Wege zur industriellen Nutzung (CO2-WIN)“ im Rahmenprogramm „Forschung für Nachhaltige Entwicklung – FONA3“ will das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) die Nutzung von Kohlenstoffdioxid (CO2) als nachhaltige Kohlenstoffquelle weiter vorantreiben, um die Rohstoffbasis der deutschen Wirtschaft zu verbreitern und gegenüber Versorgungskrisen abzusichern. Die Rohstoffproduktivität der Industrie soll dabei gesteigert und gleichzeitig Treibhausgasemissionen verringert werden. Technologien zur stofflichen Nutzung von CO2 sind Teil einer Kohlenstoff-Kreislaufwirtschaft und weisen in eine Zukunft, die Nachhaltigkeit und den Wohlstand einer modernen Industriegesellschaft miteinander verbindet.
Gegenstand der Förderung
Gegenstand der vorliegenden Richtlinie ist die Förderung von Verbundvorhaben zur Erforschung und Entwicklung neuer Produkte, Technologien und Prozesse, die durch eine stoffliche Nutzung von CO2 die Rohstoffbasis der deutschen Wirtschaft diversifizieren und die Abhängigkeit von fossilen Ressourcen verringern. Dabei soll die Rohstoffproduktivität gesteigert und die Emission von Treibhausgasen gegenüber Referenzverfahren verringert werden.
Die geförderten Vorhaben müssen sich durch eine systemische Betrachtungsweise und interdisziplinäre Zusammenarbeit auszeichnen. Eine belastbare Bilanzierung des Lebenszyklus (life cycle assessment, LCA) der neu zu entwickelnden Prozesse bzw. Produkte zum Abschluss der Projekte wird vorausgesetzt. Zudem soll der kumulierte Rohstoffaufwand der neuen Verfahren und Produkte wertschöpfungskettenübergreifend betrachtet werden. Eine methodische Handreichung zur Bilanzierung von CO2 für Prozesse der chemischen Industrie findet sich unter www.chemieundco2.de. Bei entsprechender Eignung des Vorhabens werden auch projektbezogene Standardisierungs- und Normungsaktivitäten (beispielsweise DIN-spec) gefördert.
Es wird von den Zuwendungsempfängern erwartet, dass im Zuge der Umsetzung der Projekte praxisreife Lösungen angestrebt bzw. Wege für eine Übertragung ihrer Forschungsergebnisse in Produkte und Dienstleistungen aufgezeigt werden. Dabei spielen transdisziplinäre und branchenübergreifende Projekte entlang einer möglichen CO2-Wertschöpfungskette eine besondere Rolle. Die Beteiligung verschiedener Branchen, wie z. B. der Energie‑, Stahl- und Zementindustrie oder des Anlagenbaus kann zu einer besseren Verwertung von CO2 in unterschiedlichen Industriezweigen führen. Diese industrielle Symbiose kann einen Mehrwert generieren, der neuen Geschäftsmodellen den Weg ebnet.
Forschungsprojekte müssen mindestens einen der folgenden Themenschwerpunkte adressieren. Die unter den Themenschwerpunkten skizzierten Forschungsbedarfe sind beispielhaft zu verstehen und schließen andere Fragestellungen oder weitere Forschungsbedarfe nicht aus.
Themenschwerpunkt 1: Die Carbonatisierung mittels CO2
Die Carbonatisierung, also die permanente Bindung von CO2 in mineralischer Form, weist ein hohes Potential zur Senkung von CO2-Emissionen unter gleichzeitiger Generierung marktfähiger Produkte auf. Hinsichtlich der Steigerung der Rohstoff- und Energieeffizienz bietet die Carbonatisierung ein in der Öffentlichkeit noch ungeahntes Potential. Die gezielte Carbonatisierung von Betonen (gelegentlich auch als Recarbonatisierung bezeichnet) oder Betonfertigteilen kann CO2-Emissionen senken und gleichzeitig zu verbesserten Materialeigenschaften führen. Darüber hinaus eröffnet die Möglichkeit, verwertbare Carbonate und Nebenprodukte aus minderwertigen natürlichen Gesteinen und Abfallprodukten unterschiedlichster Industriezweige herzustellen, Wege zu neuen Wertschöpfungsketten und Geschäftsmodellen. Gerade in Deutschland erscheinen die Chancen wegen der ausgeprägten Zement- und Betonindustrie gewaltig. Dazu müssen Input- und Outputströme verschiedener Industriezweige sinnvoll miteinander verknüpft werden.
Im Vergleich zu anderen Technologien der stofflichen Nutzung von CO2 bietet die Carbonatisierung besondere Vorteile. Der Prozess bindet CO2 unter Freisetzung von Energie langfristig. Zudem sind die Anforderungen an die Reinheit des verwendeten CO2 vergleichsweise gering, womit sich der Aufwand für Abscheidung und Reinigung des Kohlendioxids reduzieren lässt. Industrielle CO2-haltige Abgasströme (z. B. aus Kraftwerken, Stahlwerken, oder Zementwerken) können unter Umständen direkt genutzt werden. Die Herausforderungen bei der Carbonatisierung von CO2 bestehen insbesondere darin, die komplexen Ausgangsmaterialien für eine wirtschaftliche Nutzung zu erschließen, die Carbonatisierung zu beschleunigen, die freigesetzte Reaktionswärme nutzbar zu machen und die entstehenden Produkte möglichst hochwertig in bestehende oder neue Wertschöpfungskanäle zu integrieren. Vorhaben sollten in diesem Zusammenhang folgende Forschungsbedarfe vorrangig adressieren:
- a) Herstellung und Bewertung absatzfähiger Betone, Carbonate und Nebenprodukte durch die Carbonatisierung von CO2:
- Die Einflüsse der Carbonatisierung von Betonen auf die Materialeigenschaften müssen im Hinblick auf die vorgesehenen Anwendungen untersucht und bewertet werden.
- Wirtschaftliche Nutzbarmachung der diversen Ausgangsmaterialien wie natürliche Mineralien, Aschen, Schlacken (z. B. aus der Stahlproduktion) und sonstiger industrieller Nebenprodukte unter Berücksichtigung entscheidender logistischer Aspekte.
- Verwertung der Produkte mit möglichst hoher Wertschöpfung: Carbonate und Nebenprodukte wie Silika können beispielsweise in der Bauindustrie als Zementzusatz, in der Papier- und Kunststoffindustrie als Füllmaterial, in der Glasherstellung oder der Aluminiumherstellung Anwendung finden. Die dafür notwendigen Anforderungen an das Produkt sind im Rahmen der Projekte zu erheben und kritisch zu bewerten. Die Einbindung von Endabnehmern ist daher zwingend erforderlich.
- b) Entwicklung und Optimierung von Carbonatisierungsprozessen für folgende Kategorien von Ausgangsmaterialien:
- natürliche Mineralien (Basalt, Olivine, Serpentine usw.)
- Aschen, Schlacken und sonstige industrielle Nebenprodukte
- Betone (die Carbonatisierung kann sowohl während des Betongießens als auch nach Ende der Nutzungszeit bei einem möglichen Recycling erfolgen)
- Betonfertigteile: Es ist Forschung zur ingenieurstechnischen Auslegung industrieller Carbonatisierungsanlagen notwendig, um beispielsweise bessere Raum-Zeit-Ausbeuten zu erreichen oder mechanische Aufbereitungsschritte von Ausgangsmaterialen energieeffizienter zu gestalten.
- c) Erhöhung der Energie- und Stoffstromeffizienz der Carbonatisierung durch Nutzbarmachung der Reaktionswärme und intelligente Kopplung mit anderen industriellen Prozessen:
- Kopplung von Industriebereichen: Die Integration unterschiedlicher Industrieprozesse erfordert ingenieurstechnische Forschung zur optimalen Auslegung gekoppelter industrieller Anlagen.
- Energieeffizienz und Verfahrensoptimierung: Die Verknüpfung geeigneter industrieller Prozesse ermöglicht eine Steigerung der Energieeffizienz.
- Direkte Nutzung industrieller CO2-Ströme: Carbonatisierungsverfahren, die eine direkte Verwendung von Rauch- und Prozessgasen ermöglichen, sind mit Energie- und somit auch Kosteneinsparungen verbunden.
Verbundprojekte sollten im Idealfall mehrere dieser Aspekte entlang einer möglichen Wertschöpfungskette betrachten. Nicht förderfähig sind Vorhaben, die auf die bloße Speicherung von CO2 in mineralischen Gesteinen abzielen und keine signifikanten positiven Effekte hinsichtlich Rohstoff- oder Energieeffizienz anstreben (reine CCS-Technologien).
Themenschwerpunkt 2: Der Einbau oder die Umwandlung von CO2 in höherwertige Kohlenstoffverbindungen
Die Verwendung von CO2 zur Synthese thermodynamisch höherwertiger Kohlenstoffverbindungen erfordert Energiezufuhr in Form von Wärme, Strahlung oder elektrischen Strom, wobei die Katalyse eine entscheidende Rolle spielt. Projekte sollten folgende Forschungsthemen vorrangig adressieren:
- a) Direkte Nutzung von Sonnenenergie zur Umwandlung von CO2:
- Photokatalyse: Entwicklung von Verfahren zur artifiziellen Photosynthese, zur direkten photokatalytischen und zur photoelektrochemischen Reduktion von CO2
- Solar-thermische Verfahren: Neben einer Anregung durch Photonen ist auch die Nutzung der thermischen Sonnenenergie zur Umwandlung von CO2 möglich
- b) Innovative Verfahren zur Reduktion von CO2 mit Anwendungsbezug:
- Katalytische bzw. elektrokatalytische Verfahren mit einer hohen Chance der Übertragung in die industrielle Praxis
- Plasma-basierte Verfahren zur CO2-Reduktion mit realistischer Aussicht auf Umsetzung
- Herstellung von Kohlenstoffmodifikationen wie beispielsweise Graphit, Graphen oder Kohlenstoff-Nanotubes aus CO2
- c) Entwicklung biotechnologischer oder chemisch-biotechnologischer Verfahren zur stofflichen Nutzung von CO2
- Umwandlung von CO2 mit Hilfe von Mikroorganismen (Algen, Hefen, andere Einzeller)
- Enzymatisch katalysierte CO2-Umwandlung
- Entwicklung geeigneter Kombinationen aus chemischen und biotechnologischen Verfahren
Vernetzungs- und Transfervorhaben
Außerdem soll ein übergreifendes Vernetzungs- und Transfervorhaben gefördert werden, das die Innovationskraft der umsetzungsorientierten Verbundprojekte durch eine gezielte Vernetzung der Verbünde untereinander sowie mit ihrem Umfeld stärken soll. Die Fördermaßnahme soll mit einschlägigen europäischen Querschnittsaktivitäten (z. B. PHOENIX, SusChem, SPIRE) verknüpft werden. Des Weiteren soll das Projekt professionelle Transferunterstützung leisten und die Fördermaßnahme durch Öffentlichkeitsarbeit und die Bearbeitung branchen- und technologieübergreifender Querschnittsfragen verstärken. Die Durchführung erfolgt in enger Abstimmung mit dem BMBF und umfasst auch die Entwicklung und Anwendung einer Methodik zur projektübergreifenden Erhebung und Analyse von Daten im Rahmen der in der Fördermaßnahme erzielten Forschungsergebnisse, z. B. Beitrag zur Erhöhung der Gesamtrohstoffproduktivität, Senkung der Treibhausgasemissionen, ökologische Bilanzierung (LCA), rechtlicher Rahmen und volkswirtschaftliches Potential. Weitere Aufgaben sind die Vorbereitung, Durchführung und Auswertung von Statusseminaren, die Unterstützung bei Diskussionsforen sowie die Erstellung und Verbreitung von Informationsmaterialien im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit. Optional können im Rahmen des Vernetzungs- und Transfervorhaben auch Fragestellungen zur Akzeptanz, zu Risiken und Chancen von Technologien der stofflichen Nutzung von CO2 und zu weiteren relevanten Querschnittsthemen untersucht werden.
Das BMBF geht von einem Eigeninteresse des Zuwendungsempfängers für das Vernetzungs- und Transfervorhaben an der Aufgabenstellung aus. Dieses Eigeninteresse ist bei der Antragstellung entsprechend darzulegen. Die im Rahmen dieser Bekanntmachung geförderten Forschungs- und Entwicklungsvorhaben werden zu einer Kooperation mit dem Vernetzungs- und Transfervorhaben verpflichtet.
Zuwendungsempfänger
Antragsberechtigt sind Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft, Hochschulen und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen, Einrichtungen der Kommunen und Länder sowie gesellschaftliche Organisationen in der Europäischen Union. Die Antragstellung durch kleine und mittlere Unternehmen (KMU) wird ausdrücklich begrüßt. KMU im Sinne dieser Förderrichtlinie sind Unternehmen, die die Voraussetzungen der KMU-Definition der EU erfüllen.
Art und Umfang, Höhe der Zuwendung
Bemessungsgrundlage für Zuwendungen an Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft und für Vorhaben von Forschungseinrichtungen, die in den Bereich der wirtschaftlichen Tätigkeiten fallen, sind die zuwendungsfähigen projektbezogenen Kosten. In der Regel können diese – je nach Anwendungsnähe des Vorhabens – unter Berücksichtigung der beihilferechtlichen Vorgaben bis zu 50 % anteilfinanziert werden. Nach BMBF-Grundsätzen wird eine angemessene Eigenbeteiligung – grundsätzlich mindestens 50 % der entstehenden zuwendungsfähigen Kosten – vorausgesetzt.
Bemessungsgrundlage für Zuwendungen an Hochschulen, Forschungs- und Wissenschaftseinrichtungen und vergleichbare Institutionen, die nicht in den Bereich der wirtschaftlichen Tätigkeiten fallen, sind in der Regel die zuwendungsfähigen projektbezogenen Ausgaben (bei Helmholtz-Zentren und der Fraunhofer-Gesellschaft die zuwendungsfähigen projektbezogenen Kosten), die unter Berücksichtigung der beihilferechtlichen Vorgaben individuell bis zu 100 % gefördert werden können.
Bei nichtwirtschaftlichen Forschungsvorhaben an Hochschulen und Universitätskliniken wird zusätzlich zu den zuwendungsfähigen Ausgaben eine Projektpauschale in Höhe von 20 % gewährt.
Verfahren
Das Antragsverfahren ist zweistufig angelegt, bestehend aus Projektskizze und anschließendem förmlichen Förderantrag.