Wie VDB-Geschäftsführer Elmar Baumann erklärte, ist die Umsetzung der Nachhaltigkeitsverordnung insgesamt zwar auf einem guten Weg, das Bundesfinanzministerium und die EU-Kommission verschließen jedoch ihre Augen vor den vorhandenen Umgehungstatbeständen. Während in Deutschland die striktesten Anforderungen gelten würden, müssten sich die heimischen Produzenten mit Billigimporten aus Ländern messen, in denen Nachhaltigkeit wenig bis keine Rolle spiele, beklagte Baumann. Im Einzelnen bemängelte er die mit Exportsubventionen unterstützten Einfuhren von Sojamethylesther aus Argentinien und von Palmölprodukten aus Indonesien. Verbrauch gesunken Dagegen sieht der VDB-Geschäftsführer keinen Grund zur Reduzierung des Biokraftstoffeinsatzes in Deutschland, wie von Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel angesichts der schlechten Getreideernte in den Vereinigten Staaten und anderen Ländern sowie steigenden Getreidepreisen gefordert worden ist. Maßgeblich für höhere Agrarpreise seien kurzfristig wirkende Ursachen wie Wetterextreme und langfristig die gestiegene Nachfrage durch Bevölkerungswachstum und Fleischkonsum. Der VDB-Geschäftsführer stellte fest, dass sich in Deutschland die Biokraftstoffquote seit Jahren nominell auf gleichem Niveau befinde. De facto werde sogar weniger verbraucht, da seit 2011 die Doppelanrechnung für abfallbasierte Biokraftstoffe möglich sei, hob Baumann hervor. Die Auslastung der VDB-Firmen sei — bedingt durch nicht-nachhaltige Billigimporte und Doppelanrechnung — im zweiten Quartal 2012 auf 58 Prozent gesunken. Im Vorjahr habe die Auslastung im gleichen Zeitraum noch bei 75 Prozent gelegen. Statt kurzfristiger Maßnahmen brauche die Branche eine langfristig stabile und kalkulierbare Nachfrage, betonte der VDB-Geschäftsführer. So könne die Landwirtschaft ihre Produktion und die Erträge steigern, was wiederum positive Effekte auf die Agrarpreise hätte. Viele Zuständigkeiten problematisch Für den VDB ist laut Baumann die Rechtslage wegen der exportgeförderten Einfuhren von Biodiesel aus Argentinien eindeutig. Da sie bereits in den Heimatländern subventioniert seien, dürften sie keinesfalls auf die Quote angerechnet werden. Das sei eindeutig im Immissionsschutzgesetz geregelt, erklärte der VDB-Geschäftsführer. Zwar werde die argentinische Regierung die Steuer für Sojamethylester formal auf 32 Prozent anheben und damit gleichauf mit der Steuer auf die Rohstoffe setzen. Allerdings sei die Berechnungsgrundlage unterschiedlich, so dass weiterhin die höhere Veredlungsstufe niedriger besteuert werde. Unabhängig von der argentinischen Situation belasteten zudem indonesische Lieferungen weiter den Markt — ohne Nachhaltigkeitsnachweis. Während jedoch Bundeslandwirtschafts- und Bundesumweltministerium das Problem erkannt und sich für eine baldige Lösung ausgesprochen hätten, sehe das federführende Bundesfinanzressort keinen Bedarf. Die unterschiedlichen Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten seien hier problematisch. Kein Idealzustand Damit nicht-nachhaltig produzierte Ware nicht weiter umetikettiert werden könne, müsse zudem das System der Produktidentität wieder eingeführt werden, forderte Baumann. Es sollte zumindest solange gelten, bis die Nachhaltigkeitsverordnung in allen EU-Mitgliedstaaten umgesetzt sei. Offenbar sei das Bundesfinanzministerium “von einem Idealzustand ausgegangen”. Nun sollte den Fehlentwicklungen gegengesteuert werden. Derzeit könnten Händler von Biokraftstoffen das Etikett der Nachhaltigkeit vom ursprünglichen Produkt lösen und auf eine andere Charge übertragen, die nicht zwangsläufig nachhaltig produziert worden sei. Baumann unterstrich, mit Palmöl von ehemaligen Regenwaldflächen werde “ein desaströses Image produziert”, was letztendlich der heimischen Produktion angelastet werde. Unverständnis äußerte der VDB-Geschäftsführer darüber, dass die EU-Kommission hier tatenlos zuschaue. Von der deutschen Rapsölproduktion würden etwa 65 Prozent bis 70 Prozent zur Biodieselherstellung verwendet. Gleichwohl würden mehr als 90 Prozent des Rapsöls zertifiziert, woran man ablesen könne, dass die Wirtschaft eine gewisse Marktdynamik ermögliche, berichtete Baumann. Gleichzeitig entstünden große Mengen zertifiziertes Eiweißfuttermittel. In Deutschland hätten vor allem die Ersterfasser viel Aufklärungsarbeit bei den Landwirten geleistet und konsequent nur Ware mit Selbsterklärung angenommen. Zertifizierungssystem angleichen Um den europäischen Markt nun weiter voranzutreiben, müsse die Nachhaltigkeitsverordnung zügig in allen Mitgliedstaaten umgesetzt werden, führte der VDB-Geschäftsführer weiter aus. Notfalls sollte die Kommission auch nicht vor Vertragsverletzungsverfahren zurückschrecken. In einem weiteren Punkt wies Baumann auf die verschiedenen Anforderungen der einzelnen von Brüssel zugelassenen Zertifizierungssysteme hin. Die Ansprüche unterschieden sich eklatant, so beispielsweise beim Massenbilanzzeitraum und der Kontrollhäufigkeit. In der EU sollten aber gleiche Bedingungen für alle gelten. Sonst bestehe die Gefahr, dass die Anbieter das System wählten, was ihnen am wenigsten wehtue. Baumann räumte Kinderkrankheiten und eine Lernkurve der Kommission ein. Wichtig sei jedoch, dass der Geist der Nachhaltigkeitszertifizierung gewahrt bleibe. Tendenz und Richtung der deutschen Umsetzung seien jedenfalls richtig. Quelle: AgE