Ungewissheit bei der EU- Biokraftstoffgesetzgebung verschreckt Investoren
21.06.2013
Am vergangen Freitag besuchten auf Einladung von Herrn Dr. Markus Rarbach Ismail Ertug, MdEP, Reinhold Perlak, MdL und der stellvertretende Vorsitzende der NiederbayernSPD, Peter Stranninger, die Zellulose- Ethanol- Demonstrationsanlage der Fa. CLARIANT (IBB-Netzwerkmitglied) in Straubing. Die anstehende Revision der EU- Richtlinie “Nachwachsende Energien” birgt eine Ungewissheit in Bezug auf die Biokraftstoffgesetzgebung, die wiederum eine Unsicherheit im Biokraftstoffmarkt schafft. “Wenn verunsicherte Investoren zögerlich sind, verzögert das die Markteinführung dieser neuen und innovativen Technologie und die Vorteile, die Europa daraus ziehen kann”, so Dr. Markus Rarbach. Er bat die SPD- Politiker um Unterstützung, die ihm und damit der Zellulose- Ethanol- Gewinnung gerne zugesagt wurde. Dr. Markus Rarbach stellte den Unterschied zwischen konventionell erzeugten Biokraftstoffen und Zellulose-Ethanol im Hinblick auf die Teller- Tank- Diskussion heraus. Er warb bei den Politkern auf europäischer, nationaler und regionaler Ebene um Unterstützung bei den Beratungen im Sinne biogener Kraftstoffe auf Zellulosebasis (Weizen- und Maisstroh). Auch die Umsetzung der EU- Richtlinie zur Begrenzung der globalen Landnutzungsänderungen für die Herstellung von Biokraftstoffen und Verbesserung der Klimaverträglichkeit der in der EU verwendeten Biokraftstoffe — COM(2O12) 595 – wie auch immer sie aussehen mag – auf nationaler Ebene macht ihm Sorge. Ismail Ertug, Reinhold Perlak und Peter Stanninger zeigten sich überzeugt, dass die Umschichtung von Investitionen von konventionellen zu fortschrittlichen Biokraftstoffen nicht nur klimatisch, sondern auch volkswirtschaftlich sinnvoll sei. “Neben der Unabhängigkeit im Bereich der Kraftstoffversorgung ist die Wertschöpfung vor Ort für die Bauern wie auch für die Industrie auf jeden Fall zu unterstützen”, so der Straubinger Landtagsabgeordnete Reinhold Perlak. Im Einzelnen warb Dr. Rarbach dafür, die geplante Anregung von Investitionen in fortschrittliche Biokraftstoffe (z.B. Zellulose-Ethanol) durch Mehrfachanrechnung oder einer mindestens 2%igen verbindlichen Beimischungsquote zu unterstützen. Dabei sollten jedoch nur ILUC- freie bzw. wahre fortschrittliche Biokraftstoffe (kein gebrauchtes Speiseöl, etc.) unterstützt werden. Ebenso sprach er sich für die Beschränkung von konventionellen Biokraftstoffen auf 5% innerhalb des 10% Ziels aus um das Vertrauen von Investoren für fortschrittliche Biokraftstoffe zu festigen – dazu gehöre auch eine steigende Beimischungsquote für fortschrittliche Biokraftstoffe über 2020 hinaus. Nichts habe er dagegen, der derzeitigen Produktion konventioneller Biokraftstoffe bei 5% Bestandsschutz zu gewähren – “wir sollten fortschrittliche Kraftstoffe fördern ohne existierende Anlagen dabei zu gefährden. Nicht, dass wir auch hier eine Pleitewelle erleben müssen”. Hierzu erklärte sich Ismail Ertug, Europaabgeordneter für Niederbayern und der Oberpfalz, bereit in seinem Ausschuss aber auch bei EU-Kommissar Groote persönlich vorzusprechen und die dargelegte Position zu vertreten. Peter Stranninger erinnerte daran, dass schon jetzt bei den EU-Beratungen die Bundesregierung auf Ministerebene an den Beratungen und Entscheidungen beteiligt ist – gerne werde das immer wieder vergessen und die Schuld bei “unpopulären Entscheidungen” allein in Brüssel gesucht. Reinhold Perlak schlug vor, durch einen Dringlichkeitsantrag die Einwirkung Bayerns über den Bundesrat auf die Bundesregierung zu fordern, um schon bei den Verhandlungen die Weichen richtig zu stellen. Seinem potentiellen Nachfolger trug er auf, in der kommenden Legislaturperiode die Interessen Straubings als Standort von CLARIANT und im Sinne des Klimaschutzes weiter zu verfolgen und ggf. einzuwirken.
Hintergrund:
Zellulose-Ethanol-Anlage in Straubing: Als eines der weltweit führenden Unternehmen der Spezialchemie produziert Clariant mit seiner in Straubing zur Produktionsreife entwickelten sunliquid®- Technologie effizient und wirtschaftlich nachhaltigen Zellulose-Ethanol aus Agrarreststoffen. Bei einer Betriebsbesichtigung konnten sich die Gäste über die Entstehungskette, vom heimischen Stroh bis zum gebrauchsfertigen Bio- Ethanol, informieren. Dr. Markus Rarbach: “Die Technologie ist voll entwickelt und marktreif. Fortschrittliche Biokraftstoffe — wie Zellulose-Ethanol — haben das höchste Treibhausgaseinsparungspotential ohne direkte oder indirekte Landnutzungsänderungen zu bewirken oder um Nahrungs- oder Futtermittel zu konkurrieren”. Revision der EU-Biokraftstoffrichtlinie: Am 17. Oktober 2012 hat die Europäische Kommission einen Vorschlag vorgelegt, durch den die globalen Landnutzungsänderungen für die Herstellung von Biokraftstoffen begrenzt und die Klimaverträglichkeit der in der EU verwendeten Biokraftstoffe verbessert werden sollen. Der Vorschlag beinhaltet die Begrenzung von Biokraftstoffen aus Nahrungsmittelpflanzen auf 5 % zur Erreichung des in der Richtlinie über erneuerbare Energien vorgesehenen Anteils der erneuerbaren Energien im Verkehrssektor von 10 %. Darüber hinaus werden erstmals Auswirkungen von globalen Landnutzungsänderungen bei der Berechnung der Treibhausgaseinsparungen von Biokraftstoffen berücksichtigt. Der Vorschlag wird derzeit in den Ausschüssen des Europäischen Parlaments kontrovers diskutiert. Die maßgeblich beteiligten Ausschüsse — ITRE (Industrie, Forschung und Energie) — und ENVI (Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit) — vertreten dabei unterschiedlichste Positionen, die sich auf die Marktentwicklung für biogene Kraftstoffe in Zukunft entscheidend auswirken werden. Die Ungewissheit in Bezug auf die Biokraftstoffgesetzgebung verschreckt Investoren und damit die Markteinführung dieser neuen und innovativen Technologie und die Vorteile, die Europa daraus ziehen kann. Quelle: Webseite Peter Stranninger