Sogenannte Wood-Plastic-Composites sind weltweit auf dem Vormarsch
13.04.2012
Bei Wood-Plastic-Composites handelt es sich um moderne Verbundwerkstoffe, deren Basis typischerweise 50 bis 75 Prozent aufbereitete Naturfasern enthält. Zusammen mit Hightech-Polymeren und einigen Additiven, wie UV-Schutzmitteln und Farbpigmenten, wird das Gemisch bei bis zu 190°C aufgeschmolzen und beispielsweise über Spritzguss, Extrusion oder auch durch Thermoformung in nahezu jede gewünschte Form gebracht. Dr. Andreas Schütte, Geschäftsführer der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR) e.V. erläutert: “Da der Werkstoff mit Standardkunststoff-Verarbeitungsverfahren bearbeitet und gestaltet werden kann, ist eine freie dreidimensionale Formbarkeit möglich. Gegenüber herkömmlichen Kunststoffen“, so Dr. Andreas Schütte weiter „zeichnen sich die Wood-Plastic-Composites durch eine höhere Steifigkeit und ein geringeres Schwindverhalten aus. Ökologisch gesehen haben WPC den enormen Vorteil, dass sie aus bis zu 80 Prozent nachwachsenden Rohstoffen in Form von Naturfasern bestehen.” Darüber hinaus kann das Verbundmaterial später nach Ablauf der Nutzungsdauer komplett recycelt werden. Von den in Europa hergestellten Holz-Polymer-Werkstoffen wird derzeit knapp ein Viertel im Automobilbereich verarbeitet. Aber auch in der Möbelindustrie, bei technischen Kleinteilen und bei Haushaltsgegenständen findet der moderne Werkstoff immer häufiger Anwendung. Den mit Abstand wichtigsten Absatzmarkt für Holz-Polymer-Werkstoffe – mehr als zwei Drittel – stellt jedoch das Feld der Terrassen-Beläge. Hier halten WPC aktuell einen Marktanteil von ungefähr sechs Prozent, Tendenz steigend. “Gerade bei Terrassen-Bodenbelägen zeichnen sich Wood-Plastic-Composites durch einen deutlich geringeren Pflegeaufwand bei gleichzeitig leichter Handhabbarkeit aus”, erklärt Holger Sasse, Geschäftsführer der Novo-Tech GmbH & Co. KG aus Aschersleben in Sachsen-Anhalt. Das Unternehmen ist europäischer Marktführer bei Holz-Polymer-Terrassensystemen und dank der eigenen Forschungsabteilung ein Vorreiter bei Entwicklungen neuer Einsatzmöglichkeiten des Holz-Polymer-Werkstoffs. “Unsere unter der Marke megawood vertriebenen Terrassensysteme“, so Holger Sasse „sehen aus und fühlen sich an wie echtes Holz, verfügen aber in vielen Punkten über leistungsfähigere und praktischere Eigenschaften.” Entgegen Massivhölzern sind die Dielen aus WPC unter anderem resistenter gegen Insekten und Pilze, zudem sehr witterungsbeständig und müssen nicht nachbehandelt werden. Verletzungen der Oberfläche ergeben aufgrund der Durchfärbung des Materials auch optisch keine Mängel. Überdies ist das Material rutschfest und splittert nicht. Aufgrund dieser Eigenschaften sind die Wood-Plastic-Composites hervorragend geeignet für die Anwendung im Außenbereich und werden zunehmend zu einer echten Alternative gegenüber den bisher beliebten Tropenhölzern. Holger Sasse berichtet: “Früher kam man an exotischen Tropenhölzern für den Terrassen- und Gartenbau nicht vorbei. Durch den Einsatz von WPC können Verbraucher jetzt eine schöne, natürliche Optik und ein wohliges Barfußgefühl genießen ohne ein schlechtes Gewissen wegen der Abholzung des Regenwaldes haben zu müssen.” Ein weiterer, ökologischer Vorteil von WPC ist die Herkunft der verwendeten Holzfasern. Bei diesen handelt es sich im Fall von Novo-Tech um Säge- und Hobelabfälle der regionalen Holzindustrie, die zudem noch aus nachhaltig bewirtschafteten Holzbeständen mit dem entsprechenden PEFC-Zertifikat stammen. Für Produkte aus dem neuartigen Verbundwerkstoff muss also kein einziger Baum gefällt werden. “Was ansonsten Abfall wäre, dient uns als wertvoller Rohstoff für hochwertige Produkte mit langer Lebensdauer”, erläutert der Novo-Tech-Geschäftsführer. Mit dieser Verbindung von nachhaltigem Denken und wirtschaftlichen Handeln hat das Unternehmen seit 2005 einen beeindruckenden Wachstumskurs realisiert. Damals beschäftigte Novo-Tech ganze vier Mitarbeiter, heute sind es bereits fast 100 Beschäftigte. Der 2007 bezogene, neue Fertigungsstandort in Aschersleben wurde bereits mehrfach erweitert. Aktuell wird die bisherige Jahreskapazität des Werkes auf 30.000 Tonnen erweitert. Möglich wurde dies unter anderem durch Fördermittel aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE). Das Potenzial des innovativen Unternehmens erkannte auch die Erfurt und Sohn KG aus Wuppertal. Anfang 2010 stieg der Weltmarktführer bei überstreichbaren Wandbekleidungen, besser bekannt als Raufasertapete, als strategischer Investor bei der NOVO-TECH GmbH & Co. KG ein. Einen weiteren Wachstumsschub für sein Unternehmen erwartet sich Holger Sasse von einer neuen Verordnung, dem sogenannten Holzhandelsgesetz der Europäischen Union, das ab Frühjahr 2013 den Import von illegal geschlagenen Tropenhölzern verbietet und entsprechende, lückenlose Nachweise durch die Importeure verlangt. Eine Angebotsverknappung und Preissteigerungen bei Tropenhölzern dürften die Folge sein. “Für die nächsten Jahre wird weiterhin mit einem zweistelligen Marktwachstum gerechnet, zumal WPC auch im Vergleich zu Kunststoffen preislich immer interessanter wird“, bestätigt Dr. Andreas Schütte von der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe. Für die Zukunft werde dafür ein noch umweltfreundlicheres, vollständig aus nachwachsenden Rohstoffen bestehendes WPC angestrebt: “Die Kunststoffe aus fossilen Rohstoffen”, so Dr. Andreas Schütte, „sollen durch Biopolymere ersetzt werden.” Auch wenn dies für den Massenmarkt noch Zukunftsmusik ist. Bei Novo-Tech wird derzeit bereits intensiv an neuen Einsatzgebieten für die vorhandenen WPC-Produkte geforscht. So befinden sich Schalungen für das Baugewerbe und Hängesysteme für die industrielle Fertigung in der Schlussphase der Erprobung. Noch in diesem Jahr will das Unternehmen eine Produktlinie für leichtere und gleichzeitig stabilere Lkw-Ladeböden aus WPC auf den Markt bringen. Entsprechend optimistisch blickt Novo-Tech-Geschäftsführer Holger Sasse in die Zukunft: “Bei der Erschließung neuer Märkte für diesen Werkstoff stehen wir noch ganz am Anfang.” Weitere Infos unter: www.nova-institut.de; www.novo-tech.de; www.fnr.de Quelle: CleanThinking.de