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Schmierstoffe am Computer charakterisieren und designen
03.04.2020

Viskosität bei hohem Druck exakt berechnen
Mit atomistischen Molekulardynamiksimulationen kann jedoch die Physikerin Schmierstoffeigenschaften wie die Viskosität unter kontrollierten, beliebig einstellbaren Druck- und Temperaturbedingungen vorhersagen. »Wir haben die Viskosität sehr erfolgreich für verschiedene Modellschmierstoffe bei Druck bis hin zu 700 Mega-Pascal berechnet«, sagt Dr. Kerstin Falk. »Unsere Modell-Schmierstoffe bestanden aus einfachen linearen oder aus verzweigten Alkanen«, erklärt sie weiter. Alkane oder Paraffine sind sehr stabile Ketten aus Kohlenstoff und Wasserstoff, und bilden den Grundbestandteil vieler gängiger Öle und Kraftstoffe.Schmierstoffe charakterisieren aufgrund ihrer Moleküleigenschaften
Doch Falks eigentliches Ziel war, ein praktikableres Vorhersagemodell als bisher zu erhalten. Es sollte die Berechnung der Viskositätswerte für bestimmte Bedingungen im Reibspalt erlauben, ohne erst aufwändige Molekulardynamiksimulationen durchführen zu müssen. Dazu nutzten Dr. Kerstin Falk und ihre Kollegen Dr. Daniele Savio und Prof. Michael Moseler atomistische Simulationen, die quasi wie eine »virtuelle Superlupe« Einblicke auf die mikroskopische Struktur und Dynamik der Schmierstoffmoleküle ermöglichen. So fand das Team heraus, welche drei molekularen Eigenschaften eines Schmierstoffs seine Viskosität maßgeblich bestimmen: die Molekül-Querschnittsflächen, die Kettenflexibilität und der Abstand zwischen den einzelnen Molekülen. Sind diese Eigenschaften einmal bestimmt, lässt sich damit die Viskosität eines Schmierstoffs bei verschiedensten Bedingungen einfach und genau berechnen. »Umgekehrt benutzt können wir mit dieser Simulationsmethode auch die passenden Moleküle für bestimmte tribologische Beanspruchungen finden«, sagt Dr. Kerstin Falk. »Und in Kombination mit zusätzlichen quantenchemischen Simulationen zur Wechselwirkung des Schmierstoffs mit Bauteiloberflächen können wir unseren Kundinnen und Kunden den passenden Schmierstoff für ihre Anwendung vorschlagen«, fügt Prof. Michael Moseler hinzu.In Zukunft soll mit diesen neuen Ergebnissen als Basis auch das Schmierstoffverhalten bei sehr großen Geschwindigkeiten und damit großen Scherraten untersucht werden. Und es wird betrachtet, wie sich ein Schmierstoff in einem sehr engen Reibspalt verhält, der nur wenige Moleküldurchmesser breit ist. Auch andere Schmierstoffe können Dr. Kerstin Falk und ihre Kollegen mit der neuen Methode charakterisieren – beispielsweise wasserbasierte Schmierstoffe für umweltverträgliche Anwendungen. Quelle: Fraunhofer-Institut für Werkstoffmechanik IWM, Pressemitteilung, 03.04.2020