PTR-MS zum Monitoring von Bioprozessen im GMP-Bereich
24.01.2014
Moderne biopharmazeutische Medikamente werden heutzutage größtenteils in biotechnologischen Fermentationen hergestellt. Die engmaschige Überwachung dieser Prozesse ist von enormem Interesse, besonders im Hinblick auf eine kosteneffiziente Produktion. Bisher wurden vorwiegend Off-line Methoden zur Überwachung benutzt, bei denen eine Probe aus dem Fermenter gezogen und im Labor analysiert wird. Der Nachteil dieser Methoden liegt auf der Hand: Sie sind kosten- und arbeitsintensiv und die Ergebnisse liegen erst mit Verzögerung vor – oft zu spät, um noch korrigierend in den Prozess einzugreifen zu können. Echtzeit-Analysemethoden haben hier entscheidende Vorteile, die zur Kostenreduktion bei gleichzeitiger Steigerung der Qualität beitragen können. Im Austrian Centre of Industrial Biotechnology (ACIB) arbeiten Wissenschaftler, Biotechnogieunternehmen und Gerätehersteller zusammen. Hier wurden mehrere Technologien für die Echtzeitüberwachung von Fermentationsprozessen entwickelt und getestet. IONICON, ein Tiroler Partnerunternehmen des ACIB, ist der weltweite Marktführer in der Entwicklung und dem Vertrieb von Echtzeit-Gasanalysatoren auf Basis der Protonen-Tausch-Reaktions Massenspektrometrie (PTR-MS). Ein PTR-MS kann organische Spurengase in sehr niedrigen Konzentrationen und in Echtzeit erfassen. In einem Fermenter werden solche Spurengase als Nebenprodukt des Stoffwechsels der Mikroorganismen während der Produktion erzeugt. Durch die Messung des Zeitverlaufs dieser Stoffe lässt sich direkt auf die Aktivität der Mikroorganismen schließen. Diese Information kann zur Überwachung und Steuerung der Fermentation herangezogen werden. In Zusammenarbeit mit der Gruppe um Dr. Gerald Striedner von der Universität für Bodenkultur (BOKU) in Wien konnte IONICON eine Lösung zur Echtzeitüberwachung von Fermentationen entwickeln. Dieser Prototyp wurde von den Forschern gemeinsam mit anderen Technologien an Forschungsfermentern ausführlich erprobt. Der Bereich der industriellen Fermentationprozesse unterliegt den strengen Richtlinien der sogenannten Good Manufacturing Practise (GMP, dt. „Guter Herstellungsprozess“). Daher können Technologien, die im Forschungsbereich entwickelt und erprobt wurden, nicht einfach auf industrielle Prozesse übertragen werden. Jede Änderung am Prozess, wie beispielsweise die Installation von Sonden innerhalb des Fermenters, stellen in der Industriellen Biotechnologie große Hürden dar. „Der Vorteil der PTR-MS Technologie ist, dass sie nicht-invasiv ist, da sie prozessrelevante Informationen aus der Messung der Abluft der Fermenter liefert“, sagt Dr. Hubertus Hohenblum von Boehringer Ingelheim. Eine Änderung des Prozesses ist daher nicht nötig und der Analysator, das PTR-MS, kann gänzlich außerhalb des GMP-Bereichs betrieben werden. Aus diesen Gründen ist die PTR-MS Technologie die erste und zur Zeit einzige der erprobten Lösungen, die den entscheidenden Schritt von der Forschung in die „reale Welt“ machen konnte. Ein solches PTR-MS System wurde vor einigen Wochen bei Boehringer Ingelheim RCV GmbH & Co KG in Wien installiert und liefert hochwertige Daten über den biotechnologischen Fermentationsprozess, wie auch die gute Reproduzierbarkeit der Daten zeigt.
Über acib
Das Austrian Centre of Industrial Biotechnology (acib) entwickelt neue, umweltfreundlichere und ökonomischere Prozesse für die Industrie (Biotech, Chemie, Pharma) und verwendet dafür die Methoden der Natur als Vorbild und Werkzeuge der Natur als Hilfsmittel. Das acib ist Österreichs internationales Forschungszentrum für Industrielle Biotechnologie mit Standorten in Graz, Innsbruck, Tulln, Wien, Bielefeld und Hamburg (D) sowie Pavia (I) und versteht sich als Partnerschaft von 10+ Universitäten und 80+ Unternehmen, darunter bekannte Namen wie BASF, DSM, Sandoz, Boehringer Ingelheim RCV, Jungbunzlauer, F. Hoffmann-LaRoche, Novartis, VTU Technology oder Sigma Aldrich. Eigentümer des acib sind die Universitäten Innsbruck und Graz, die TU Graz, die Universität für Bodenkultur Wien sowie Joanneum Research. Quelle: idw