Pflanzenschutz: Alkaloid-Synthese mittels Enzym deutlich vereinfacht
21.06.2013
So auffällig der fast eineinhalb Zentimeter große Fichtenrüsselkäfer ist, so schädlich kann er sein. Die Insekten, die sich bei der geringsten Erschütterung sicherheitshalber tot stellen, ernähren sich am liebsten von jungen Fichten oder Kiefern, in deren Stämme sie ihre Eier platzieren. Treten sie in großer Zahl auf, können die Krabbeltiere großen Schaden anrichten, weil die befallenen Bäume durchwegs zum Tode verurteilt sind. „In Nordeuropa ist das ein echtes Problem“, sagt Prof. Wolfgang Kroutil von der Universität Graz. Ein Gegenmittel sind natürliche Alkaloide, mit denen sich der Käfer auf biologische Art vertreiben lässt. Die Funktion ähnelt der Markierung der Reviere vieler Raubtiere: Stößt ein Neuling auf einen Markierungsduft, weiß er, dass da schon jemand ist und man besser einen großen Bogen macht. Eines dieser Alkaloide heißt „Dihydropinidin“ und gehört zur Substanzklasse der 2,6‑Dialkylpiperidine. Aber die Substanz hat einen großen Nachteil: In natürlicher Form ist sie nur in winzigen Mengen in Piniengewächsen vorhanden. Und in größeren Mengen war die Herstellung bis jetzt so gut wie nicht möglich, weil dafür bis zu 14 sehr aufwändige, chemische Syntheseschritte notwendig sind. Eine Forschungsgruppe des Austrian Centre of Industrial Biotechnology (acib) um Prof. Wolfgang Kroutil hat an der Universität Graz einen neuen Zugang zu dieser Substanzklasse gefunden. „Das Problem bei vielen Synthesen ist, dass man bestimmte Stellen des Ausgangsmoleküls schützen muss, damit die gewünschte Reaktion nur an einer bestimmten Position erfolgt“, erklärt der Forscher. Macht man das nicht, ist das Ergebnis eine unbrauchbare Verbindung. Für Chemiker heißt das: Schutzgruppe anhängen, Reaktion durchführen, Schutzgruppe entfernen, neue Schutzgruppe an anderer Position anhängen, Reaktion durchführen und Schutzgruppe abspalten und so weiter – bis die gewünschte Substanz letztendlich synthetisiert ist. Die acib-Forscher haben ein Enzym gefunden, welches den Syntheseweg von 14 auf nur drei Reaktionsschritte verkürzt. Der erste und letzte Syntheseschritt bleiben „chemisch“, der zentrale Schritt wird von einer hoch spezifischen „Omega-Transaminase“ vollzogen. Das Enzym stellt das gewünschte Produkt ohne der beim chemischen Weg auftretenden Nebenprodukte her. Das erspart Energie und Zeit und verringert den Einsatz wenig umweltfreundlicher organsicher Lösungsmittel. Damit gibt es nicht nur einen Fortschritt im Kampf gegen den Käfer, es eröffnen sich neue Möglichkeiten bei der Herstellung von biologisch hoch wirksamen Alkaloiden. Mit Hilfe der neuen Synthesetechnik lassen sich weitere der Natur abgeschaute, umweltfreundliche Mittel gegen Bakterien (Bakterizide) und Pilze (Fungizide) auf Basis von Dialkylpiperidin synthetisieren, erklärt der Forscher. Dazu gehören „Anti-Fraßmittel“ wie jenes gegen den Fichtenrüsselkäfer, die nun in kommerziellem Maßstab erzeugt werden können. Eben erst wurde das Verfahren zum Herstellen von „Isosolenopsin“ angepasst. Die Substanz ist ein Alkaloid, das von roten Ameisen zu deren Schutz abgesondert wird. Für die Anwendung ist sie interessant, weil sie antibakterielle Eigenschaften hat. Darüber hinaus wirkt sie anti-hämolytisch und antinekrotisch. Quelle: acib