Die Optogenetik bietet ein sehr mächtiges Forschungsinstrumentarium für die Biologie. Mit ihm kann das Verhalten von biologischen Zellen mit optischen Schaltern gesteuert werden, indem gezielt bestimmte Abschnitte des Genoms aktiviert werden. So lassen sich etwa Signal- und Stoffwechselprozesse durch gezielte Aktivierung mit Licht kontrollieren. Viele Publikationen zur Optogenetik haben Zellen bei Säugetieren, Hefen und Bakterien zum Ziel. Weit weniger häufig sind dagegen Arbeiten aus dem Pflanzenbereich. Dies liegt auch daran, dass geeignete optische Schalter fehlen, die in Pflanzenzellen eingesetzt und dort gezielt geschaltet werden können, da die Pflanzen selbst Licht für ihr Wachstum benötigen und deshalb die Schalter stetig aktiv wären. Ein Team um die HHU-CEPLAS-Forscher Prof. Dr. Matias Zurbriggen (Institut für Synthetische Biologie) und Prof. Dr. Rüdiger Simon (Institut für Entwicklungsgenetik) ist es nun mit Kolleginnen und Kollegen vom CIBSS an der Universität Freiburg und der University of East Anglia-Norwich gelungen, einen für Pflanzen maßgeschneiderten optogenetischen Schalter zu entwickeln. Dieses PULSE (Plant Usable Light-Switch Elements) genannte Werkzeug eignet sich für Pflanzen im normalen Tag-/Nachtzyklus. Es wird durch gezielte Bestrahlung mit Licht mit rotem Licht einer sehr eng begrenzten Wellenlänge aktiviert und mit normalem weißem Licht zurücksetzt. PULSE besitzt dazu zwei optogenetische Schalter, die auf zwei unterschiedliche Wellenlängen reagieren: Das monochromatische rote Licht aktiviert den Schalter und ermöglicht somit, dass nur dann ein bestimmtes Gen ausgelesen wird. Blaues Licht aus dem Tageslicht setzt den Schalter wieder zurück und stoppt somit die Genexpression. Dieser Prozess ist beliebig oft wiederholbar. Prof. Zurbriggen zur Bedeutung der Entwicklung: „PULSE führt die überlegenen Vorteile der Optogenetik in Pflanzen ein. Das System ist vollständig reversibel, es erreicht eine hohe Dynamik und zeitliche Auflösung. Die Steuerung zellulärer Prozesse mit hoher räumlich-zeitlicher Auflösung hilft, die Dynamik biologischer Signalnetzwerke quantitativ zu verstehen und biotechnologische Anwendungen zu entwickeln“. Die Düsseldorfer Forscherinnen und Forscher haben PULSE zunächst in eine der Modellpflanzen der Biologie, in die Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana) eingebaut. Ebenso war es möglich, dieses Werkzeug mit CRISPR/Cas9-basierten Technologien zu kombinieren. Und schließlich konnten, am Beispiel von Tabakpflanzen (Nicotiana benthamiana) und wiederum der Ackerschmalwand, auch physiologische Reaktionen bei Pflanzen manipuliert werden, zum Beispiel deren Immunantwort. Prof. Simon: „Das optogenetische Werkzeug erlaubt, die Ausprägung wünschenswerter Eigenschaften bei einer Pflanze quasi zu programmieren. Damit kann PULSE das optogenetische Instrumentarium für die Pflanzenforschung erheblich erweitern und es in Zukunft erleichtern, gezielt biologische Prozesse wie z.B. Differenzierungs- und Entwicklungsprozesse, Hormonsignalwege und Stressantworten zu untersuchen und zu manipulieren“. Die Arbeiten wurden im Rahmen des Forschungsprogramms Cluster of Excellence on Plant Sciences (CEPLAS) durchgeführt. Das HHU-Team arbeitete dabei mit Forschern des Exzellenzclusters CIBSS an der Universität Freiburg um Prof. Dr. Thomas Ott, Prof. Dr. Wilfried Weber und Prof. Dr. Jens Timmer und Ben Miller an der University of East-Anglia-Norwich zusammen. Quelle: HHU, Pressemitteilung, 29.06.2020