NatLifE 2020: Mit Naturstoffen gegen bitteren Geschmack
24.07.2014
Hustensaft oder auch Tee – in diesen zweifellos gesundheitsförderlichen Getränken stecken zahlreiche Bitterstoffe. Geschmacklich sorgen diese oft für Abstriche. Damit sie trotzdem genießbar sind, wird der bittere Geschmack meist mit viel Zucker oder Süßstoffen überlagert – was die Gesundheitsbilanz wiederum schmälert. Auf eine neue Generation von Geschmackswandlern aus der Natur hat es die Allianz NatLifE 2020 abgesehen. Die Partner in NatLifE 2020 fahnden nach Naturstoffen, die den bitteren Geschmack auf raffinierte Art und Weise überdecken und dazu noch gesund sind.
Zellen als Geschmackstester im Labor
Die zentrale Basis bilden hochinnovative Zellkultursysteme, mit denen riesige Naturstoffarchive nach funktionellen Substanzen durchmustert werden können. So hat das Zwingenberger Biotechnologie-Unternehmen Brain AG ein Zellsystem auf der Grundlage von menschlichen Geschmackszellen entwickelt. „Es handelt sich um Zellen, die mit mehr als einem Dutzend unterschiedlicher Bitterrezeptoren ausgestattet sind“. Sie können nahezu unendlich und stabil im Labor vermehrt werden“, sagt Michael Krohn, Unit-Head BioActives von der Brain AG. Der Clou: Die Zellen wurden molekularbiologisch so umfunktioniert, dass sie je nach Aktivität der Bitterrezeptoren unterschiedlich stark leuchten, sobald man unterschiedliche Substanzen darauf träufelt. „Somit haben wir ein zellbiologisches Testsystem, mit dem sich riesige Naturstoffsammlungen nach Geschmacksmodulatoren absuchen lassen“, sagt Krohn. Und so fahnden die Forscher derzeit nach Molekülen, die beispielsweise einen bitteren Geschmack maskieren können. Auch andere Geschmacksrichtungen, darunter Süß, Salz und Fett sind im Fokus der Forscher. Verbesserte Nahrungsmittelformulierungen, mit weniger Kalorien- oder Salzgehalt stehen dabei im Fokus der Entwicklung. Ziel: ein gesünderes Leben bei gleichem Konsumverhalten der Kunden.
Spezialisten aus Unternehmen und Hochschulen
Die insgesamt 22 Allianzpartner, bestehend aus Technologie-Entwicklern, KMU und Industrieunternehmen, werden in den nächsten neun Jahren zusammenarbeiten. Die seit dem Jahr 2012 geförderte Allianz hat für die gesamte Projektzeit ein Volumen von rund 30 Millionen Euro, die Hälfte davon steuert das BMBF im Rahmen der „Innovationsinitiative Industrielle Biotechnologie“ bei. Zu den geförderten Unternehmen zählen neben der Brain AG die Darmstädter Merck KGaA, die L.A. Schmitt GmbH, AB Enzymes GmbH und die Analyticon Discovery GmbH. Beteiligt an NatLifE 2020 sind zudem Forscher von Hochschulen aus Münster, Göttingen, Potsdam, Greifswald, Würzburg, Fulda und der LMU München.
Deodorant und Bräunungscreme
Ein zweiter Forschungsschwerpunkt der Allianz: Biologisch aktive Naturstoffe für sogenannte Wirkkosmetika. In der Kosmetikindustrie sind solche Substanzen zunehmend gefragt. Auch, weil herkömmliche Produkte oft auf ziemlich simplen Wirkmechanismus aufbauen. Zum Beispiel Deos: Vielfach enthalten Antitranspirantien Aluminiumsalze. Diese Partikel verstopfen die Schweißdrüsen rein mechanisch, um so dem Schwitzen quasi einen Riegel vorzuschieben. Auch dafür suchen die Partner in der NatLifE-Allianz nach innovativen biologischen Lösungen: „Wir fahnden deshalb nach neuen Inhaltsstoffen, die den Wasserhaushalt der Schweißdrüsen regeln“, so Martin Langer, Koordinator der NatLifE-Allianz. Auch dafür kämen entsprechende Zellen als Testsysteme zum Einsatz. Ebenfalls ins Visier nehmen die Forscher Inhaltsstoffe für Bräunungskosmetika mit bioaktiven Ingredienzien, die für eine gleichmäßige und möglichst fleckenfreie Hautbräunung sorgen. Auch hier steht der Gesundheitsaspekt im Zentrum der Forschung. „Immer mehr wissenschaftliche Publikationen belegen, wie gefährlich Sonnenstudios sind. Die Hautkrebsrate steigt dabei dramatisch an. Trotzdem wollen die Menschen in Europa auf einen braunen Teint nicht verzichten. Dafür wollen wir in NatLifE biologische Lösungen entwickeln“, sagt Langer. Interessante Kandidaten für Inhaltsstoffe sollen im weiteren Verlauf der Allianz bis zur Marktreife entwickelt werden. „Wir gehen davon aus, dass uns gerade bei den Kosmetika am ehesten der Schritt zu Pilotprodukten gelingen wird“, betont Langer. Quelle: biotechnologie.de/pg