Eingriffe ins Erbgut mit bisher unerreichter Genauigkeit – das versprechen die sogenannten TALEN (Transcription activator-like effector nucleases). Diese Designer-Proteine entdecken weltweit immer mehr Genomforscher für sich, um gezielt bestimmte Gene stillzulegen. Gelingt das Ausschalten eines Gens, können Wissenschaftler dann oft Rückschlüsse auf die Funktion und Arbeitsweise des jeweiligen Gens ziehen. Das gezielte Ausschalten von Genen war bis vor wenigen Jahren jedoch aufwendig und funktionierte meist nur in Mäusen. „Die Ergebnisse aus den Tiermodellen sind zudem nicht immer einfach eins zu eins von Mäusen auf den Menschen übertragbar“, berichtet Veit Hornung, Leiter des Bereichs Klinische Biochemie am Institut für Klinische Chemie und Pharmakologie.
Von Bakterien abgekupfert
Ursprünglich wurden TALE-Nukleasen in der Natur entdeckt. So wurde die grundlegende Struktur der TALE-Proteine von Xanthomonas-Bakterien abgeleitet, die Fäulniserkrankungen an Pflanzen auslösen. Die Mikroben schleusen TALE-Proteine in die Pflanzenzellen ein, um dort spezifische Erbgutabschnitte zu ihrem Vorteil zu regulieren. Seitdem wurden erfolgreich TALE-Nukleasen entwickelt, die das Erbgut so unterschiedlicher Arten wie Hefe, Fliege, Grille, Ratte, Zebrafisch und Fadenwurm modifizieren. Die Entdeckung der TALEN scheint derzeit die Genomforschung zu revolutionieren. Einer der Vorteile gegenüber älteren Methoden: Es können auch Experimente mit Zelllinien und damit auch mit Menschenzellen durchgeführt werden.
Ein Baukasten voll mit DNA-Elementen
Hornung und seine Kollegen Jonathan Schmid-Burgk und Tobias Schmidt könnten mit ihrem neuen, mittlerweile patentierten Herstellungsverfahren der TALEN-Revolution zum Durchbruch verhelfen. Es ist sehr schnell, erreicht eine hohe Genauigkeit und erlaubt die Produktion großer Mengen von TALE-Nukleasen. Die neue Methode basiert im Prinzip auf einem ausgeklügelten Baukastensystem, bei dem die entsprechende DNA-Matrize für die Herstellung der gewünschten Genschere von einem Roboter Stück für Stück aus einzelnen DNA-Elementen zusammengesetzt wird. Dabei kodiert ein DNA-Element einen aus 34 Aminosäuren bestehenden Proteinbaustein. Den Forschern spielte bei der Entwicklung ihres Verfahrens die Natur in die Hände: TALE-Proteine sind modular aufgebaut. Ein bestimmter Proteinbaustein ist für die Erkennung eines bestimmten Nukleotids der Ziel-DNA verantwortlich. Kombiniert man die Proteinbausteine geschickt, erkennt die fertige TALEN die gewünschte DNA-Sequenz.
Wie Gene an- und abgeschaltet werden
Die hergestellten Nukleasen sind Designer-Proteine, mit denen sich im Erbgut des Zellkerns hochpräzise Eingriffe vollführen lassen. Die Enzyme arbeiten in zwei Schritten: Sie können so programmiert werden, dass sie an einer ausgewählten, sequenzspezifischen Stelle in der DNA Schnitte – und zwar Doppelstrangbrüche – setzen können. An der Schnittstelle wird das zelleigene Reparaturprogramm aktiv. Bei diesen Reparaturschritten ist es möglich, eine neue DNA-Sequenz einzubauen und so eine gewünschte Änderung oder Mutation stabil einzuführen. Damit lassen sich Gene auf direktem Weg ab- oder anschalten und verändern. Eine Besonderheit des Bonner Herstellungsverfahrens ist, dass es die Einzelelemente ohne die Hilfe bestimmter „Kleber-“Enzyme, sogenannter Ligasen, aneinanderreihen kann. „Die Enden der einzelnen DNA-Elemente fügen sich passgenau automatisch zusammen“, so Hornung. Quelle: biotechnologie.de/ml