Grundsätzlich können Biokraftstoffe als reine Biokraftstoffe getankt werden, d. h. der an der Zapfsäule angebotene Kraftstoff enthält z. B. ausschließlich Biodiesel (so genannter B100) oder zu 85 Prozent Bioethanol (sog. E85). Die Motoren der jeweiligen Fahrzeuge müssen jedoch von den Herstellern für die Nutzung von reinen Biokraftstoffen freigegeben sein. Reinkraftstoffe machen nur einen geringen Anteil des gesamten Biokraftstoffverbrauchs aus. In Deutschland dominiert dagegen die Beimischung von Biokraftstoffen zu fossilen Kraftstoffen. Fossilem Dieselkraftstoff oder fossilem Otto-Kraftstoff enthalten zu einem bestimmten Prozentsatz Biodiesel oder Bioethanol. Autofahrer tanken daher an der Zapfsäule automatisch immer einen bestimmten Anteil Biokraftstoff mit. Fossiler Dieselkraftstoff enthält üblicherweise 7 Prozent Biodiesel (sog. B7-Kraftstoff). Benzin, d. h. Ottokraftstoffe, enthalten entweder eine Beimischung von 5 oder 10 Prozent Bioethanol (sog. E5- oder E10-Kraftstoff). Neue Verfahren zur Herstellung von synthetischem Biokraftstoff werden derzeit entwickelt, z. B. BtL-Kraftstoff (Biomass-to-Liquid) oder Bioethanol aus lignocellulosehaltiger (d. h. holzartiger) Biomasse. BtL-Kraftstoff kann problemlos in allen Motoren genutzt werden. Diese Verfahren wollen die gesamte Biomasse der Pflanze und nicht nur den Öl- bzw. Zuckeranteil nutzen. Dadurch vergrößert sich das für Biokraftstoffe nutzbare Biomasse-Potenzial. Synthetische Biokraftstoffe stehen aber noch nicht am Markt zur Verfügung. Der Herstellungsprozess ist noch vergleichsweise kostenintensiv. Begrifflich sind Biokraftstoffe von der erneuerbaren Elektromobilität und vom Wasserstoff zu trennen. Aus Erneuerbaren Energien gewonnener Wasserstoff ist für den breiten Einsatz als Kraftstoff bislang noch eine Zukunftsvision. Bioenergie und andere Erneuerbare Energien können, umgewandelt in Strom, auch im Verkehrssektor zum Einsatz kommen, z. B. in Bahnen oder Elektrofahrzeugen.
Stagnierender Anteil von Biokraftstoffen 2012
Der Anteil der Kraftstoffe aus Biomasse am gesamten Kraftstoffverbrauch in Deutschland stieg zunächst von 1,6 Prozent im Jahr 2004 auf 7,6 Prozent im Jahr 2007, um danach wieder zurückzugehen auf zuletzt 5,7 Prozent im Jahr 2012 (2011: 5,5 Prozent). Dennoch hat sich der Verbrauch von Biokraftstoffen seit dem Jahr 2000 von 0,3 Mio. Tonnen auf 3,6 Mio. Tonnen im Jahr 2012 verzwölffacht. Unter den Biokraftstoffen dominiert in Deutschland weiterhin Biodiesel, der überwiegend aus heimischem Rapsöl hergestellt wird. Im Jahr 2012 wurden 2,48 Mio. t Biodiesel (2011: 2,43 Mio. t), 1,25 Mio. t Bioethanol (2011: 1,24 Mio. t) sowie 25.000 t Pflanzenöl (2011: 20.000 t) abgesetzt. Die Produktionskapazität für Biodiesel ist von 1,2 Mio. t im Jahr 2004 auf ca. 4,9 Mio. t im Jahr 2012 (2011: 4,9 Mio. t) gestiegen. Allerdings ist aufgrund der Krise der Biokraftstoffbranche nur ein Teil der Anlagen ausgelastet. Die Bioethanol-Produktionskapazität in Deutschland hat sich seit 2004 von 0,5 Mio. t auf 0,9 Mio. t im Jahr 2012 (2011: 1,0 Mio. t) verdoppelt. Die Produktionskapazitäten dezentraler Ölmühlen für reines Pflanzenöl als Biokraftstoff lagen 2011 bei ca. 0,6 Mio. t. Von den verbliebenen rund 400 dezentralen Ölmühlen war jedoch ein Großteil im Jahr 2011 stillgelegt.
Energiesteuergesetz und Biokraftstoffquotengesetz
Geändert hat sich die Marktsituation mit der Novelle des Mineralölsteuergesetzes, das im August 2006 vom neuen Energiesteuergesetz abgelöst wurde. Die Besteuerung von reinen Biokraftstoffen sollte damit bis 2015 auf das Niveau der bisherigen Mineralölsteuer steigen. Beimischungen von Biodiesel und Bioethanol werden seit Januar 2007 voll besteuert. Ausnahmen gelten in der Land- und Forstwirtschaft, wo reine Biokraftstoffe bis 2015 steuerbegünstigt bleiben. Ebenso bleiben synthetische Biokraftstoffe (BtL), die noch nicht am Markt verfügbar sind, sowie Bioethanol als Reinkraftstoff (E85) vorerst steuerbegünstigt. Seit Januar 2007 verpflichtet das Biokraftstoffquotengesetz die Mineralölwirtschaft, einen bestimmten Mindestanteil von Biokraftstoffen, bezogen auf die jährliche Gesamtabsatzmenge eines Unternehmens an Otto- und Dieselkraftstoff, in Verkehr zu bringen (Biokraftstoffquote). Das im Juni 2009 novellierte Biokraftstoffquotengesetz reduzierte den ursprünglich geplanten Anstieg der Gesamtquote bis 2015 von 7,75 Prozent auf 6,25 Prozent. Gleichzeitig wurde der Anstieg der Steuersätze für reinen Biodiesel (B100) sowie für Pflanzenöl reduziert.
Quotenmenge nach Treibhausgas-(THG-)Minderung ab 2015
Bemisst sich die Gesamtquote von 6,25 Prozent Biokraftstoffen am Kraftstoffabsatz am Energiegehalt der Biokraftstoffe im Verhältnis zum Energiegehalt aller abgesetzten Kraftstoffe, so ändert sich dieses System ab 2015. Die Menge der einzusetzenden Biokraftstoffe wird dann über deren Beitrag zur Treibhausgasvermeidung bemessen. Es gilt keine Gesamtquote mehr, sondern eine Treibhausgas-Minderungsquote von zunächst 3 Prozent. Die von den Mineralölunternehmen insgesamt verwendete Kraftstoffmenge mit Biokraftstoffen muss demnach 2015 im Vergleich zu den Emissionen von fossilem Kraftstoff eine Treibhausgas-Einsparung von mindestens 3 Prozent erreichen. Legte man eine durchschnittliche THG-Minderung der Biokraftstoffe von 50 Prozent zugrunde, so entspräche dies einer Biokraftstoffquote von 6 Prozent. Die THG-Minderungsquote soll den Einsatz von besonders klimafreundlichen, effizient produzierten Biokraftstoffen anreizen, statt reine Mengenvorgaben zu machen. In ihrem Nationalen Biomasseaktionsplan vom April 2009 geht die Bundesregierung davon aus, dass die THG-Minderungsquote von 7 Prozent im Jahr 2020 einem energetischen Anteil der Biokraftstoffe am Gesamtmarkt von 12 Prozent entspricht.
Branchenentwicklung und Ausblick
Die durch Biokraftstoffe in der deutschen Kraftstoffbranche entstandenen unabhängigen, mittelständischen Produktions- und Vertriebsstrukturen sind mit dem Wechsel zum Quotensystem weitgehend beendet worden. Eine Steigerung der regionalen Wertschöpfung durch Biokraftstoffe wäre angesichts der stillstehenden Produktionskapazitäten möglich. Ungünstigen politische Rahmenbedingungen und hohe Rohstoffpreise für Agrargüter verhindern jedoch einen Anstieg der heimischen Biokraftstoffproduktion auf das Niveau des Jahres 2007. Die deutsche Biokraftstoffbranche konnte sich nach dem Absatzeinbruch infolge der mehrfachen Änderungen der politischen Rahmenbedingungen auf niedrigem Niveau stabilisieren. Die Zahl der Beschäftigten (Bruttobeschäftigung) sank auf rund 22.700 Personen (2011: 23.200). Nach den Startschwierigkeiten bei der Einführung des Ottokraftstoffs E10 mit dem erhöhten Anteil Bioethanol ist ein allmählicher Anstieg des E10- bzw. damit verbundenen Bioethanolabsatzes im Laufe des Jahres 2012 festzustellen. Der Absatz von Reinkraftstoffen wird aufgrund der gestiegenen Besteuerung weiterhin nur ein Nischendasein fristen. Zusätzliche Marktpotenziale könnten Biokraftstoffe in den Bereichen Binnenschifffahrt und Schienenverkehr erschließen. Deren Überprüfung wurde von der Bundesregierung im Rahmen des Energiekonzepts 2010 angekündigt. Durch die EU-Nachhaltigkeitskriterien und die Umstellung auf die Treibhausgas-Minderungsquote ab 2015 stehen die deutschen Biokraftstoffhersteller bei steigendem internationalem Wettbewerb jedoch weiterhin unter sehr hohem Druck, ihre Produktionsverfahren effizienter und kostengünstiger zu gestalten. Welche Biokraftstoffe mit welchen Rohstoffen dann in Deutschland vorrangig zum Einsatz kommen bzw. ob Importe zunehmen werden, bleibt unklar. Zusätzliche Unsicherheit herrscht in der Biokraftstoffbranche durch die im Frühjahr 2013 weiter ausbleibende Anerkennung der deutschen Zertifizierungssysteme für die EU-Nachhaltigkeitskriterien. Zwar hatten diese Zertifizierungssysteme als erste in der EU die Vorgaben für die Überprüfung einer nachhaltigen Biokraftstoffproduktionskette erfüllt, doch können aus Formgründen die zertifizierten Biokraftstoffmengen nur in Deutschland, nicht aber in anderen EU-Mitgliedstaaten gehandelt werden. [gekürzt] Quelle: Agentur für Erneuerbare Energien (AEE)