Bakterien sollen Abfallstoffe nicht nur zu wertvollen Chemikalien umbauen, sondern daraus auch noch die Energie dafür schöpfen. Schließlich können sie selbst für weitere Prozesse wiederverwendet werden. Diese Vision treibt Prof. Dr. Dirk Tischler an, der an der Ruhr-Universität Bochum (RUB) die Arbeitsgruppe Mikrobielle Biotechnologie leitet. Zurzeit erarbeitet sein Team einen Prozess zur Herstellung von Ferulasäure, einer Plattformchemikalie, aus Holzabfällen. Darüber berichtet Rubin, das Wissenschaftsmagazin der RUB.
Enzyme bauen Stoffe um
Bei der sogenannten Weißen Biotechnologie geht es darum, die Herstellungsprozesse verschiedener Chemikalien vom bisher noch viel genutzten Erdöl auf nachwachsende Rohstoffe umzustellen. Am liebsten würden die Forscherinnen und Forscher Abfallstoffe nutzen, zum Beispiel Holzabfälle aus der Möbel- oder Papierindustrie. „Holzreste, die zur Papierherstellung ungeeignet sind, enthalten Zellulose, deren Zuckerbausteine sich durchaus als Energiequelle für Bakterien eignen. Außerdem enthalten Holzreste Substanzen, die als Ausgangsstoff für industriell interessante Stoffe dienen können“, erklärt Dirk Tischler. Ein Beispiel ist Vanillylalkohol, aus welchem sich der Aromastoff Vanillin herstellen lässt. Tischlers Arbeitsgruppe hat sich aktuell vorgenommen, einen Prozess zu entwickeln, in dem aus dem Holzinhaltsstoff Lignin die Plattformchemikalie Ferulasäure wird, aus der sich weitere Stoffe gewinnen lassen. Der Umbau von einer Ausgangssubstanz in eine andere gewünschte und wertvolle Substanz gelingt dabei durch bestimmte Enzyme. Der erste Schritt funktioniert schon gut: Es entsteht neben einem Folgeprodukt auch schon etwas Ferulasäure, aber das Ganze läuft noch nicht effizient genug. Durch genetische Veränderung hoffen die Forscher, den Prozess optimieren zu können.
Ganze Zellen nutzen und schließlich als Biomasse weiterverwerten
Während im Labor die aufgereinigten Enzyme zum Einsatz kommen, arbeitet die Industrie mit ganzen Zellen, in die der Bauplan für die entsprechenden Enzyme eingeschleust wird. Sind die Bakterien nach einem Produktionszyklus verbraucht, können sie als Biomasse weiterverwendet werden. „Da wollen wir hin: Weg von bisher linearen Produktionsprozessen hin zur Wiederverwendung sämtlicher Komponenten“, sagt Dirk Tischler. Quelle: RUB, Pressemitteilung, 10.09.2020