Industrielle Nutzung von Biomasse stärken

Biomasse kann einen wichtigen Beitrag zur Dekarbonisierung der Industrie leisten – wenn sie effizient und strategisch eingesetzt wird. Wie das gelingen kann, zeigt das neue Dossier „Gezielte Nutzung von Biomasse für eine klimaneutrale und wettbewerbsstarke Industrie“ der dena (Deutsche Energie-Agentur). Im Fokus stehen Anwendungsfelder mit hohem volkswirtschaftlichem und systemischem Nutzen sowie Empfehlungen für geeignete Anreize und eine sektorübergreifende Strategie.
Corinna Enders, Vorsitzende der dena-Geschäftsführung: „Angesichts begrenzter Potenziale der Biomasse kommt es darauf an, sie dort einzusetzen, wo sie den größten Mehrwert für das Energiesystem bringt – etwa bei der stofflichen Nutzung in der Industrie oder der Erzeugung von Hochtemperaturwärme.“
Industriepotenziale bislang kaum erschlossen
Bisher dominieren die Verbrennung für Niedrigtemperaturwärme oder im Straßenverkehr den Biomasseeinsatz hierzulande. In einem klimaneutralen Energiesystem könnte sie jedoch besonders wertvoll für schwer elektrifizierbare Anwendungen sein – etwa in der Chemie‑, Stahl- und Aluminiumindustrie. Dort kann sie eine stoffliche Kohlenstoffquelle sein oder in Verbindung mit BECCS (Bioenergy with Carbon Capture and Storage) zur dauerhaften CO₂-Speicherung beitragen.
Aktuell gibt es diese Anwendungen kaum: Fossile Alternativen wie Erdgas sind günstiger und der CO₂-Preis entfaltet nur geringe Lenkungswirkung. Zudem wird Biomasse überwiegend über sektorspezifische Anreizinstrumente wie beispielsweise das EEG oder das GEG gesteuert – was eine sektorübergreifende effiziente Verwendung erschwert.
Wirksame Anreize schaffen
Das Dossier gibt konkrete Empfehlungen, um wirksame Anreize für den Einsatz von Biomasse in der Industrie zu schaffen. So braucht es einen klaren Rahmen für die Verwendung nicht-fossilen Kohlenstoffs, damit stoffliche Anwendungen in der Industrie nicht durch energetische Nutzungen benachteiligt sind. Dafür müssen zunächst bestehende Instrumente wie der europäische Emissionshandel gestärkt werden, um den Ausstieg aus fossilen Brennstoffen zu beschleunigen.
Eine Bepreisung fossilen Kohlenstoffs am Ende seines Lebenszyklus würde einen fairen Wettbewerb fördern. Klimaschutzverträge (KSV) sollten zudem auch die stoffliche Nutzung von Biomasse ermöglichen.
Geeignete Lenkungsinstrumente wie Quoten für bestimmte Produkte oder grüne Leitmärkte können die stoffliche Nutzung zusätzlich stärken. Solche Maßnahmen müssen technologieoffen sein und auch zirkuläre Ansätze zulassen.
Besonders sinnvoll ist es, den Einsatz von Biomasse in Kombination mit Technologien zur CO₂-Abscheidung und ‑Speicherung (BECCS) zu fördern. Vor allem die Zement- und Kalkindustrie sowie die Müllverbrennung können davon profitieren, da sie schwer vermeidbare fossile Emissionen und biogenes CO2 gemeinsam abscheiden könnten. Dafür benötigen sie aber eine entsprechende Vergütung der Entnahmeleistung.
Gesamt-Roadmap für den gezielten Einsatz von Biomasse erarbeiten
Um langfristig einen sinnvollen und effizienten Einsatz von Biomasse zu gewährleisten, braucht es zusätzlich eine umfassende Strategie: Die Nationale Biomassestrategie (NABIS) sollte zügig abgeschlossen oder durch eine neue, kohärente Roadmap ersetzt werden. Ziel sollte sein, Förderungen besser aufeinander abzustimmen und Biomasse dort einzusetzen, wo sie den größten wirtschaftlichen und klimapolitischen Nutzen bringt – vor allem in der Industrie.