Am Anfang stand das Bodenbakterium Agrobakterium rhizogenes. Es ist ein richtiger Feinschmecker und hat einen ausgeklügelten Weg gefunden, an seine Lieblingsspeise zu kommen: Das Bakterium infiziert Pflanzenwurzeln und bringt sie dazu, sogenannte Opine herzustellen, die es als Stickstoff- und Energiequelle nutzt. Damit der Nachschub nicht versiegt, löst es außerdem eine Wucherung der Wurzeln aus. Daraus entstehen die „hairy roots“, die Namenspaten des Verfahrens sind. Für die Biotechnologen ist das deshalb so interessant, weil „hairy roots“ nicht nur leichter aufzuarbeiten sind als ganze Pflanzen, sondern auch gezielt Stoffe produzieren, die die Pflanze sonst eigentlich nicht unbedingt in großen Mengen herstellt. Jenseits der schon erwähnten Opine zählen dazu unter anderem Anthachinone (z. B. für Farbstoffe), Opiate, Chinin und viele andere Substanzen. Hairy-Root-Zellen können in speziellen Reaktoren relativ einfach gezüchtet werden. Anders als andere pflanzliche Zellkulturen benötigen sie keine pflanzlichen Hormone, um zu wachsen und zu produzieren. Ein Engpass besteht aber bisher bei der Kultivierung der „hairy roots“ im größeren Maßstab. Es gibt eine ganze Reihe unterschiedlicher Reaktorkonzepte, doch bisher ist es schwierig, die Kulturen in großem Maßstab zu nutzen. Forscher der TU Dresden wollen nun im Rahmen der industriellen Gemeinschaftsforschung einen ganz neuen Weg beschreiten. Dabei soll die Produktion von Substanzen mit Hilfe von Hairy-Root-Kulturen mit weiteren Umwandlungsschritten kombiniert werden. Dafür möchte man einen kompartimentierten Bioreaktor nutzen. Man kann ihn sich als kleine Fabrik mit verschiedenen Abteilungen vorstellen, die miteinander verbunden sind: In der ersten Abteilung wächst die Hairy-Root-Kultur, die Proteine herstellt. Diese Proteine werden in die nächste Abteilung transportiert, wo sie dann durch Enzyme („zellfrei“) weiter „bearbeitet“ werden. Man nennt einen solchen Ablauf mit aufeinander folgenden Schritten auch eine (Reaktions-)“Kaskade“. Ziel ist es, eine Technologieplattform zu entwickeln, also ein Verfahren, dass sich für verschiedene Anwendungen anpassen lässt. [gekürzt] Quelle: DECHEMA e.V.