Grazer Forscher veredeln Zellulose zu antibakterieller Kleidung
18.07.2012
Zellulose, der Hauptbestandteil von Pflanzenzellen, ist bedeutend als Rohstoff zur Papierherstellung, aber auch in der Textil- und Verpackungsindustrie. Durch neue Methoden wollen Grazer Forscher den Einsatz dieses nachwachsenden Rohstoffes auf Polysaccharidbasis weiter veredeln und Anwendungs- und Produktionsprozesse umweltschonender gestalten. Zurzeit arbeiten sie im EU-Projekt “Surfuncell” an der Entwicklung antibakterieller Kleidung, an einem “Hormonfilter” für Gewässer, wasserbeständigen Lebensmittelverpackungen bis hin zu einem UV-Schutz, der Papier vor dem Ausbleichen schützt, teilte die Universität Graz mit. Die abnehmende Verfügbarkeit und der steigende Preis fossiler und mineralischer Ressourcen machen die Produktion von Materialien aus nachwachsenden Rohstoffen immer interessanter. Wie man Zellulosefasern mit maßgeschneiderten Materialeigenschaften ausstatten und Produktionsprozesse optimieren kann, beschäftigt ein EU-weites Forschungskonsortium unter der Koordination von Volker Ribitsch vom Institut für Chemie an der Universität Graz. Geht es nach der Zielvorgabe des EU-Projektes “Surfuncell”, sollen die neuen Materialien nicht nur auf dem nachwachsenden Rohstoff basieren, sondern auch in den Herstellungsprozessen den Prinzipien der Nachhaltigkeit genügen.
Vier konkrete Anwendungen
Um Zellulosefasern für Textilien mit antibakteriellen Eigenschaften auszustatten, haben die Forscher beispielsweise die Oberfläche der Zellulose mit Silber-Nanopartikeln “veredelt”. Daraus will man antibakterielles Garn produzieren, das etwa für Bekleidungsstücke von Patienten, die an schlecht heilenden Wunden leiden, verwendet werden könnte. Damit Gewässer künftig besser von Hormonen wie Östrogenen gereinigt werden können, wurde ein Membranfilter auf Celluloseacetat-Basis entwickelt. Dabei läuft das Wasser durch einen Zylinder mit rund 1.000 Hohlfasern (Durchmesser 1 bis 1,5 Millimeter), deren Innenseiten ebenso mit Nanostrukturen versehen wurden. Diese Strukturen vergrößern die Oberfläche, an die dann bestimmte Enzyme gebunden werden, welche die Hormone abbauen: “Diese haben eine sehr starke Affinität zu den Enzymen und bleiben an ihnen hängen”, so Ribitsch. Ein weiterer Forschungsbereich ist die Herstellung von feuchtigkeitsresistenten Lebensmittelverpackungen: Zellulosefilm-Beschichtungen sollen die nicht recycelbaren und mit dem Einsatz hoch toxischer Chemikalien verbundenen synthetischen Polymerfilme ablösen. Das vierte Entwicklungsprojekt beschäftigt sich mit einem UV-Schutz, der Papier vor dem Ausbleichen bewahrt. Das vierjährige Großprojekt läuft noch bis Ende des Jahres und umfasst ein Forschungsvolumen von rund acht Mio. Euro. Seit Beginn 2009 arbeiten europaweit sieben Partner aus der Industrie — unter ihnen der internationale Papier- und Verpackungsproduzent Mondi und sieben Forschungspartner (u.a. die Unis Jena und Utrecht) — bei der Entwicklung neuer Materialien und Prozesswege zusammen. Quelle: Kleine Zeitung