Prozesse in der Zelle durch Licht von außen steuern – dieses Ziel verfolgt die Optogenetik. Diese Trenddisziplin wird in der Biotechnologie bisher weitgehend genutzt, um die Bildung bestimmter Proteine zu manipulieren. Marburger Zellforscher haben eine Technik entwickelt, den gegensätzlichen Prozess mit Licht zu regulieren: den gezielten Abbau der Eiweiße. Dieser Mechanismus ist aus der Natur bereits gut bekannt. Bestimmte Pflanzenzellen etwa leiten über den lichtinduzierten Proteinabbau die Blütenbildung ein.
Eiweißabbau per Erleuchtung
Den zelleigenen Abbau übernimmt ein Proteinkomplex namens Proteasom, der die Zieleiweiße in Fragmente teilt. Mikrobiologen um Christof Taxis und Lars-Oliver Essen haben sich dieses zelleigene Programm zunutze gemacht indem sie das ausgewählte Protein mit einem molekularen Marker als Zielobjekt für die Proteinschere kennzeichnen. Dazu haben die Wissenschaftler zunächst den zelleigenen Lichtsensor der Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana) mit einer selbst konstruierten Erkennungssequenz für das Proteasom verknüpft. Das Produkt ist das sogenannte psd-Modul (photosensitive degron). Als Degron bezeichnen Genetiker eine spezielle Erbgut-Sequenz, die den Startpunkt des Proteinabbaus angibt. Dieses psd-Modul wird anschließend mit dem Zielprotein gekoppelt. Bestrahlt man die Zelle mit blauem Licht, verändert der Lichtsensor seine räumliche Struktur, wodurch die Erkennungssequenz für die Abbaumaschinerie zugänglich wird. Das Proteasom baut infolgedessen das gesamte Modul samt Zieleiweiß ab.
Mit Hefen Fotos schießen
Wie gut das psd-degron funktioniert haben die Forscher effektvoll bei Experimenten mit Bäckerhefe-Zellen (Saccharomyces cerevisiae) veranschaulicht: Ein bestimmtes Protein, dessen Abbau die Bildung eines roten Farbstoffes bewirkt, versahen sie mit dem psd-Modul. Über eine Schicht dieser Hefezellen legten sie ein Schwarz-Weiß-Fotonegativ der Alten Universität Marburg und bestrahlten es mit blauem Licht. Mit erstaunlich guter Auflösung bildete der rote Farbstoff der beleuchteten Zellen das Positiv des Motivs in der Kulturschale ab. In einem ähnlichen Versuch hinderten die Mikrobiologen die Hefe daran zu wachsen und bildeten so ein Sternmotiv ab. Ihr Photosensor-Marker-Konstrukt kombinierten sie dieses Mal mit einem Wachstumsfaktor der Einzeller, sodass diese bei Bestrahlung nur im schützenden Schatten der Sternschablone gedeihen konnten — Beispiele, die zeigen, welche Vielseitigkeit im Ansatz der Marburger Wissenschaftler steckt. Quelle: biotechnologie.de/bs