Die Zellteilung ist ein sehr komplexer Vorgang – um ihn zu verstehen, wollen Forscher den Prozess in vereinfachter Form im Labor nachbauen. Wissenschaftler vom Max-Planck-Institut für Biochemie in Martinsried haben dazu ein minimales biologisches System konstruiert, das wichtige Bestandteile des Zellteilungsapparates zusammenbringt. Mit ihrem „künstlichen Zellkortex“ können die Forscher um Petra Schwille die biophysikalischen Mechanismen bei der Zellteilung nun genauer unter die Lupe nehmen. Die Ergebnisse stellen sie im neuen Fachjournal eLife (2013, Online-Veröffentlichung) vor. Es ist ein typisches Projekt aus dem Forschungszweig der „Synthetischen Biologie“: Die Suche nach der Minimalzelle, die nur mit den absolut lebensnotwendigen Molekülen und Funktionen ausgestattet ist. Auf dem Weg dahin versuchen Forscher, Strukturen einer Zelle mit Hilfe eines Baukastenprinzips zu rekonstruieren. So möchten sie die grundlegenden Mechanismen lebender Systeme Schritt für Schritt nachvollziehen. „Unsere Vision ist, immer mehr Bausteine aus natürlichen und synthetischen Biomolekülen zusammenzufügen, bis wir schließlich die Minimalversion einer Zelle vor uns haben“, sagt Petra Schwille, Direktorin am Max-Planck-Institut für Biochemie in Martinsried.
Künstlicher Zellkortex konstruiert
Mit diesem Ansatz ist es den Wissenschaftlern nun gelungen, den Prozess der Zellteilung genauer zu untersuchen. Während der Zellteilung müssen zum einen die Erbinformation und das Zellplasma korrekt auf zwei Tochterzellen verteilt werden. Zum anderen müssen die beiden entstandenen Zellen physikalisch voneinander getrennt werden. Wichtiger Bestandteil dieser Zellteilungsmaschinerie ist der Zellkortex. Diese Schicht sitzt direkt unter der Zellhülle und besteht aus einer dünnen Lage fädiger Proteinketten, sogenannter Aktinfilamente. Während des Teilungsvorgangs üben Motorproteine aus dem Zellinneren Kräfte auf diese Aktinfilamente aus, wodurch sich der Zellkortex zusammenzieht, die Zelle in der Mitte einschnürt und letztendlich teilt. Die Max-Planck-Forscher haben nun die notwendigsten Bestandteile der Zellteilungsmaschinerie kombiniert und so ein künstliches Minimalsystem im Labor geschaffen. Ihr künstlicher Zellkortex erlaubt es, die physikalischen Phänomene der Teilung genauer zu untersuchen.
Zellteilungsdefekte verstehen und beheben
Ein solches System kann komplexe Prozesse stark vereinfacht darstellen. In der Natur dagegen haben sich Zellen über mehrere Millionen Jahre entwickelt und wurden nicht präzise geplant und konstruiert. Dadurch seien einige Prozesse möglicherweise komplexer als sie sein müssten, so Sven Vogel. „Diese Komplexität macht es oftmals nahezu unmöglich, die Grundmechanismen im Detail zu erforschen“, sagt der Biophysiker. Mit ihrem Minimalsystem konnten die Wissenschaftler zeigen, dass die Zugabe von Motorproteinen zu dem künstlichen Zellkortex eine Musterbildung auslöst. Außerdem brechen die Motorproteine einzelne Aktinfilamente auseinander und verdichten sie. Nach Ansicht der Forscher könnte ihr Modell künftig auch dabei helfen, neue Therapien gegen Krankheiten zu entwickeln, bei denen Zellteilungsfehler auftreten. Quelle: biotechnologie.de/pg