Ist die echt? Wer die Pflanze Pollia condensata zum ersten Mal sieht, könnte sie glatt für Garten-Deko halten. Wie schillernde Metallperlen türmen sich die Früchte in dem Blütenstand der afrikanischen Pflanze. Der starke, metallene Glanz ist so einzigartig in der Natur, dass Physiker die Optik der Beeren genauer unter die Lupe nahmen. Die leuchtend blaue Farbe kommt demnach nicht durch Farbpigmente, sondern durch winzige Strukturen in der äußeren Fruchtwand zustande. Deren Zellwände bestehen aus einer mehrlagigen Schicht schraubenförmig geschichteter Zellulosefasern. Je nach Anordnung und Drehung der Mikrofasern wird auch das Licht in unterschiedlichen Polarisationsrichtungen und Wellenlängen reflektiert. Durch Variationen in der Zellwandstruktur kann der Lichteffekt von Zelle zu Zelle unterschiedlich ausfallen und erzeugt so das blaue Schillern der Früchte — ganz ohne Pigmente. Der Überzug mit einer transparenten, glatten Cutikula sorgt schließlich für den lackartigen Glanz der Früchte. Farbgebung durch Mikrostrukturen ist besonders bei Tieren kein neues Phänomen. Die schillernden Farben vieler Käferarten beruhen ebenfalls auf einer Reflektion des Lichtes durch schraubenförmig angeordnete Mikrofibrillen im Chitinpanzer. Das jede Zelle dabei andere Lichteffekte erzeugt, ist jedoch ein Novum in der Natur, das bisher nur bei Pollia condensata entdeckt wurde. Die Reflektion der Früchte ist so stark, dass der helle Glanz sogar den des Morpho-Schmetterlings übertrifft, der für sein strahlendes Blau berühmt ist.
Nutzen für die Industrie: Ungiftig und farbecht
Wissenschaftler hoffen langfristig die Zellulosestrukturen nachzubauen, um beispielsweise ungiftige Lebensmittelfarbstoffe herzustellen. Wie genau die unterschiedlichen Zelluloseraster in Pflanzen entstehen, ist jedoch noch unklar. Eine der Hypothesen ist, dass Vielfachzucker wie Hemizellulose beim Zusammenbau der Zellulosefasern helfen, diese nach einem vererbten Muster links- oder nach rechtsdrehend auszurichten. Farben ohne Pigmente könnten möglicherweise auch die Herstellung von Banknoten vereinfachen. Ein Wasserzeichen, das aus Zellulosestrukturen besteht, sei schließlich so gut wie fälschungssicher. [gekürzt]
Originalpublikation:
Vignolini, S. et al. (2012): Pointillist structural color in Pollia fruit. In: PNAS. Online Publikation, 10. September 2012, doi: 10.1073/pnas.1210105109. Quelle: Pflanzenforschung.de