Der Bremer Meeresforscher Dr. Martin Könneke und seine Kollegen untersuchten eine besondere Gruppe von Mikroorganismen, die selbst bei sehr geringem Nährstoffangebot gedeihen. Die von ihnen biochemisch entschlüsselte Reaktionsabfolge ist der energieeffizienteste Weg, um in Anwesenheit von Sauerstoff CO2 in Biomasse umzuwandeln. Ihre Ergebnisse werden nun im Wissenschaftsmagazin PNAS (Proceedings of the National Academy of Science USA) veröffentlicht. Alle Lebewesen benötigen zum Wachsen vor allem zwei Dinge, eine Energiequelle und Kohlenstoff als Hauptbaustein ihrer Biomasse. Der biologische Mechanismus, diese Biomasse aus gasförmigem Kohlenstoffdioxid herzustellen, wird als Kohlenstoffdioxid-Fixierung bezeichnet und ist der wichtigste biosynthetische Prozess auf Erden. Der Großteil der globalen Biomasseproduktion wird durch die Energie des Sonnenlichts angetrieben: Pflanzen und Algen betreiben Photosynthese und verwenden die Sonnenenergie für die Umwandlung von Kohlenstoffdioxid in Biomoleküle. Doch wie funktioniert die Kohlenstoffdioxid-Fixierung in den Tiefen der Ozeane, in die kein Sonnenlicht gelangt? Antworten zu dieser Fragestellung liefert nun eine Studie von Dr. Martin Könneke und Kollegen, die in der aktuellen Ausgabe des renommierten Wissenschaftsmagazins „Proceedings of the National Academy of Science“ (USA) erschienen ist. In den dunklen Bereichen der Meere existieren spezielle Mikroorganismen die ihre gesamte Energie nicht aus dem Sonnenlicht, sondern aus rein chemischen Reaktionen gewinnen können. Eine weltweit häufig vorkommende Gruppe dieser Mikroorganismen sind die sogenannten „Ammoniak-oxidierenden Archaeen“, die in großen Tiefen der Ozeane bis zu 40% der gesamten Mikrobengemeinschaft ausmachen können. Sie gewinnen ihre Energie aus der Veratmung (Oxidation) von Ammoniak und bilden ihre eigene Biomasse aus Kohlenstoffdioxid, wodurch sie wichtige Recycling-Funktionen in den marinen Stoffkreisläufen übernehmen. Ihre besondere Fähigkeit besteht darin, dass sie diese Umsetzung bei extrem geringen Ammoniak-Konzentrationen durchführen können, wie sie typischerweise im Meerwasser zu finden sind. „Unsere zentrale Frage war, wie können diese Ammoniak-oxidierenden Archaeen, die mit extrem kleinen Energiemengen haushalten müssen, Kohlenstoffdioxid in Biomasse umwandeln?“, sagt Dr. Martin Könneke. Denn hinter der vereinfachten Gleichung – aus Kohlenstoffdioxid entsteht Biomasse – verbirgt sich eine komplexe Abfolge verschiedenster Reaktionen und Zwischenprodukte. Neben der Schwierigkeit, diese selbst für Mikroben sehr kleinen Organismen − kleiner als ein tausendstel Millimeter − im Labor in großer Menge zu kultivieren, mussten der Mikrobiologe und seine Kollegen insgesamt 19 Schritte in dieser Reaktionskette biochemisch aufklären. Dr. Könneke begann diese Studie vor sieben Jahren am Institut für Chemie und Biologie des Meeres (ICBM) der Universität Oldenburg und konnte sie nun am Bremer Zentrum für Marine Umweltwissenschaften (MARUM) mit Kollegen der Universität Freiburg und der University of Washington in Seattle erfolgreich abschließen. „Wir haben festgestellt, dass es sich um einen bekannten Mechanismus handelt, der aber überraschenderweise von anderen, bisher nicht beschriebenen Enzymen durchgeführt wird und der sich in der Evolution unabhängig von allen anderen Organismengruppen entwickelt hat“, erklärt Könneke. „Passend zur Lebensweise dieser Stickstoffzwerge stellte sich heraus, dass die hier beschriebene Reaktionsabfolge den bisher energieeffizientesten Weg darstellt, um in Anwesenheit von Sauerstoff Kohlenstoffdioxid in Biomasse umzuwandeln.“ Die Studie liefert also eine biochemische Erklärung für den ökologischen Erfolg dieser winzigen Energiesparer, in Lebensräumen fern ab vom Sonnenlicht mit sehr geringen Nährstoffmengen zu existieren. Der in dieser Studie präsentierte „thaumarchaeale Hydroxypropionat/Hydroxybutyrat-Zyklus“ stellt den wohl häufigsten Weg der Kohlenstoffdioxid-Fixierung in den dunklen Tiefen der Ozeane dar. Könnekes Studie könnte auch auf dem Gebiet der Biotechnologie auf Interesse stoßen und dieser extrem sparsame Weg dort Anwendung finden.
Publikation:
Martin Könneke, Daniel M. Schubert, Philip C. Brown, Michael Hügler, Sonja Standfest, Thomas Schwander, Lennart Schada von Borzyskowski, Tobias J. Erb, David A. Stahl, Ivan A. Berg. Ammonia-oxidizing archaea use the most energy-efficient aerobic pathway for CO2 fixation. Erschienen in: PNAS (Proceedings of the National Academy of Science USA) doi: 10.1073/pnas.1402028111
Über MARUM:
MARUM entschlüsselt mit modernsten Methoden und eingebunden in internationale Projekte die Rolle des Ozeans im System Erde – insbesondere im Hinblick auf den globalen Wandel. Es erfasst die Wechselwirkungen zwischen geologischen und biologischen Prozessen im Meer und liefert Beiträge für eine nachhaltige Nutzung der Ozeane. Das MARUM umfasst das DFG-Forschungszentrum und den Exzellenzcluster “Der Ozean im System Erde”. Quelle: idw