Energiesektor im Wandel: Darum setzen Politik und Wirtschaft jetzt auf Power-to-Methane
18.11.2020
Im Rahmen der Inbetriebnahme der ORBIT-Methanisierungsstufe der Power-to-Gas-Anlage in Ibbenbühren am 23. Oktober sprachen sich die Bundesministerin für Bildung und Forschung, Anja Karliczek, und Andreas Feicht, Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, für die flächendeckende Nutzung klimaneutraler Gase in Deutschland aus. In dieser Deutlichkeit ist das Bekenntnis zu der Fortschritts-Technologie Power-to-Methan ein Novum. Mit Blick auf die Energiewende und die Erreichung der Klimaziele reiche es nicht aus, nur grünen Strom zu erzeugen, sagte Bundesministerin Karliczek. Energieintensive Industrien, wie Chemie und Stahl, ließen sich nicht allein mit Strom betreiben. Deswegen müsse der Strom in Wasserstoff und andere Stoffe, wie klimaneutrales, grünes Methan umgewandelt werden. Dieses klimaneutrale Gas könnte direkt in das bestehende Gasnetz eingespeist werden und wäre dann in der Lage, fossiles Erdgas zu ersetzen. Dies sei „gut und richtig“ und deswegen unterstütze die Bundesregierung, das BMBF und das BMWi Anlagen wie die in Ibbenbüren. Die Bundesministerin zeigte sich überzeugt, dass Deutschland in der Umwandlung von Strom in klimaneutrale Gase technologischer Vorreiter im internationalen Vergleich sei. Sie betonte gleichzeitig, dass es jetzt darauf ankomme, diese Technologie flächendeckend einzusetzen und sie aus Deutschland zu exportieren. Es handele sich dabei auch um die Frage nach neuem Wohlstand in der Zukunft. Die Ministerin zeigte sich optimistisch, dass dies gelingen werde. „Genau das ist es, was wir brauchen“, so die Ministerin. Auch Andreas Feicht, Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, betonte die Bedeutung der Power-to-X-Technologie für die Erreichung der Klimaneutralität 2050. „Uns muss klar sein, welche Dimension diese Aufgabe hat“, sagte der Staatssekretär. Das Erdgas müsse dekarbonisiert werden. Der Staatssekretär verwies auf das Potenzial der Technologie, um „all die Sektoren zu dekarbonisieren, die wir nur mit Strom schlichtweg nicht dekarbonisieren können, aus technischen Gründen, aus physikalischen Gründen, aber auch aus Kostengründen“. Für die Erprobung der Technologie im realen Umfeld stellt der Energiedienstleister und Infrastrukturanbieter Westenergie AG als assoziierter Partner des ORBIT Projekts seine Gasnetzinfrastruktur zur Verfügung. Harald Heß, Vorstand des Ressort Technik der Westenergie, prognostizierte einen Wandel im gesamten Energiesektor: „In zehn Jahren werden Sie die gesamte Energiewirtschaft nicht wiedererkennen, es bleibt kein Stein auf dem anderen.“ Heß betonte, dass es zukünftig neue und größere Anforderungen ans Gasnetz geben werde, um den enormen Energiebedarf Deutschlands decken zu können und die Klimaschutzziele zu erreichen. Dazu sei es unbedingt notwendig, Power-to-Gas ins System zu integrieren: „Die Technologie ist bereit für den Praxiseinsatz in der Energiewelt von morgen.“ Dr. Doris Hafenbradl, Geschäftsführerin und Technische Leiterin des Power-to-MethanTechnologieanbieters Electrochaea teilte diese Ansicht und bestätigte ebenfalls, dass die Technologie „ready to go“ sei. Es sei kein Zufall, dass Deutschland in diesem Bereich technologisch führe und so schnell Erfolge erziele. Es sei der Verdienst gut vernetzter Forschungscluster und der guten Zusammenarbeit zwischen einzelnen Bundesministerien. Das zeige auch die jüngst verabschiedete gemeinsame Wasserstoff-Strategie. „Klimaneutrale Gase entwickeln sich zu einem gigantischen Wachstumsmarkt“, so Hafenbradl. Gleichzeitig erinnerte sie daran, dass Wirtschaft und Politik in Deutschland das Momentum nutzen sollten, damit nicht eine weitere Technologie Made in Germany ihre Kapitalisierung im Ausland durchläuft. „Wir sind bereit, große Anlagen in Serie zu bauen“. Allerdings müssten dafür Regularien in Deutschland angepasst werden. Es gebe gute Rechenmodelle und Möglichkeiten. „Oder wir schauen in die USA, wo diese Technologie sofort eingesetzt werden kann, weil entsprechende Wertschätzung für grünes Methangas vorhanden ist, verbunden mit finanzieller Unterstützung. Man kann sich, zum Beispiel in Kalifornien, abschauen, wie diese Technologien wirtschaftlich und im großen Maßstab eingesetzt werden können.“ Deutschland dürfe nicht nur das Land der Dichter, Denker und Forscher sein, sondern müsse auch lernen, wirtschaftlich von Zukunftstechnologien zu profitieren, so Hafenbradl. Electrochaea hatte im Oktober die Gründung einer US-Gesellschaft bekanntgegeben. Im August hatte der Europäische Investitionsrat Electrochaeas biologisches Methanisierungsverfahren als Schlüsseltechnologie zur Umsetzung des Europäischen Green Deals gewürdigt und rund 17,5 Millionen Euro in die Skalierung der Technologie investiert. Quelle: Electrochaea, Pressemitteilung, 18.11.2020