Aktuelles
Biotenside – Herstellung und Optimierung
11.09.2012
Motivation
Tenside werden weltweit in einer Größenordnung von 14 Millionen Tonnen produziert und in den unterschiedlichsten Bereichen, von der Textilindustrie bis zum Bergbau, eingesetzt. Ein Großteil der Tenside wird auf Basis fossiler Rohstoffe hergestellt. BioSurf zielt auf einen verstärkten Ersatz der Erdöl-basierten Tenside durch biobasierte Tenside, die nachhaltig erzeugt werden können und eine hohe Umweltverträglichkeit aufweisen. Dabei stehen mikrobiell und enzymatisch hergestellte Tenside im Fokus.Biotenside, die nachhaltige Alternative
Mikroorganismen bilden unter natürlichen Bedingungen eine Vielzahl oberflächenaktiver Substanzen, sogenannte Biotenside, die ein breites Spektrum chemischer Strukturen abdecken. Dazu zählen u. a. Glykolipide, Lipopeptide, Lipoproteine und Heteropolysaccharide. Die Eigenschaften dieser Biotenside sind in Bezug auf Tensidwirkung, Abbaubarkeit und Nachhaltigkeit vielen synthetischen Tensiden vergleichbar oder überlegen und daher für viele Anwendungsbereiche in der Industrie interessant. Verbesserte Herstellungs- und Aufreinigungsverfahren, leistungsfähigere Produktionsstämme und die gesteigerte Nachfrage nach »grünen« Produkten haben in den letzten Jahren erste mikrobiell hergestellte Biotenside bis zur Marktreife gebracht. Ein Beispiel hierfür ist ein Sophoroselipid aus Candida bombicola, das inzwischen als Zusatz für Haushaltsreiniger und Geschirrspülmittel produziert wird.Projektbeschreibung
Ziel des Projekts ist die Identifizierung neuer Enzyme und Mikroorganismen für eine effizientere Produktion neuer Biotenside. Die in der Biotensidherstellung involvierten zellulären regulatorischen Prozesse werden in den gefundenen Mikroorganismen untersucht, um nachfolgend durch gezieltes Metabolic Engineering verbesserte Produktionsstämme, beispielsweise Stämme mit erhöhter Stresstoleranz während der Produktion, zu generieren. Mittels kombiniertem rationalen und evolutiven Enzymdesign sollen zudem verbesserte Enzyme für die enzymatische Synthese von Biotensiden hergestellt werden. Ein wichtiger Aspekt ist schließlich das Scale-up der entwickelten Bioprozesse einschließlich der Entwicklung innovativer Aufarbeitungsverfahren (Downstream Processing) mithilfe von Membranverfahren und der Immobilisierung der Biokatalysatoren. Das Projekt ist in fünf Arbeitspakete unterteilt, die insgesamt die vollständige Wertschöpfungskette bei der Herstellung von Biotensiden abbilden. BioSurf ist Teil einer Reihe weiterer Projekte mit dem Fokus Biotenside, die einen Schwerpunkt am Fraunhofer IGB darstellen. Grundlegende Arbeiten wurden durch Unterstützung eines Doktorandenstipendiums der DBU möglich, erste Arbeiten zu Glykolipiden (Cellobioselipide, Mannosylerythritollipide) konnten in dem durch die FNR geförderten Projekt PolyTe durchgeführt werden. Das 2012 bewilligte EU-Projekt O4S trägt zur Erweiterung der Applikation der Biotenside für Emulgatoren und in der Kosmetik bei, wobei dieses insbesondere auf die Produktion von Biotensiden mittels organisch zertifizierbarer Ausgangsstoffe und Prozesse zielt.Wesentliche Ergebnisse
Am Fraunhofer IGB wurde die Produktion von zwei Gruppen von Glykolipiden bereits erfolgreich etabliert. Zum einen konnten Mannosylerythritollipide (MEL) mit Ausbeuten bis 100 g/L aus P. aphidis und Cellobioselipide (CL) aus U. maydis mit Ausbeuten bis 30 g/L hergestellt werden. Zudem konnte durch enzymatische oder chemische Modifizierung während des Aufarbeitungsprozesses eine Reihe verwandter Tenside mit unterschiedlichen Tensideigenschaften hergestellt werden, deren Anwendungspotenzial gegenwärtig vom Projektpartner Ecover charakterisiert wird. Die Aufarbeitung wird vom Projektpartner VITO weiter vorangetrieben. Weitere Modifikationen sollen auch durch gezieltes Metabolic Engineering eingeführt werden. Zu diesem Zweck wurden im Rahmen von BioSurf die Genomsequenzen von P. aphidis und U. maydis mittels Parallelsequenzierung ermittelt. Von P. aphidis wurde zudem das Transkriptom mittels RNAseq unter MEL-Produktionsbedingungen erstellt. Durch die Analyse der Daten konnten die Biosynthese-Cluster, die für die MEL-Produktion verantwortlich sind, in U. maydis, in dem sie schon beschrieben waren, und in P. aphidis als neuer Synthese-Cluster mit homologen Genen zu U. maydis identifiziert werden. Diese Daten dienen nun als Vorlage für das gezielte Metabolic Engineering. Die Sequenzierung der beiden Brandpilze P. aphidis und U. maydis wird für die Analyse einer ganzen Reihe von Brandpilzen mit vielfältigem Repertoire an Tensiden sehr hilfreich sein. So konnte in BioSurf bereits eine Vielzahl an Varianten der MEL in unterschiedlichen Pseudozyma spp. identifiziert werden. Sieben weitere Pseudozyma spp. wurden hierfür untersucht (P. graminicola, P. shanxiensis, P. siamensis, P. tsukubaensis, P. hubeiensis, P. parantarctica und P. rugulosa). Das MEL-Produktspektrum dieser Spezies unterscheidet sich in der Anzahl und Länge der hydrophoben Seitenketten, was signifikante Auswirkungen auf die Tensideigenschaften haben kann (Bild 2).Projektpartner
- Karlsruher Institut für Technologie KIT
- c‑LEcta GmbH
- Flemish Institute for Technological Research (Belgium) (IBB-Netzwerkmitglied)
- Tormans Engineering Noord BVBA (Belgium)
- Ecover Belgium NV (Belgium)
- LISBP (France)
Weiterführende Links:
- www.biosurf.fraunhofer.de
- www.igb.fraunhofer.de/de/kompetenzen/molekulare-biotechnologie/weisse-biotechnologie/biotenside.html
- http://www.era-ib.net/biosurf