Biotechnologie-Firmenumfrage 2012: Wachsen und Sparen
09.05.2012
Sorgen bereiten der Branche jedoch die deutlich gesunkenen Zuflüsse an Wagniskapital. Sie zwingen die Unternehmen zum Sparen. Entsprechend dazu gingen die Investitionen in Forschung und Entwicklung (F&E) weiter zurück. Zum ersten Mal seit dem Jahr 2006 wurde hier mit 975 Millionen Euro die Milliardengrenze unterschritten. Das geht aus den aktuellen Ergebnissen der Firmenumfrage hervor, die biotechnologie.de zum siebten Mal im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) erhoben hat. „Die Kennzahlen belegen erneut, dass sich unsere langjährige Förderpolitik für die Biotechnologie-Branche nachhaltig auswirkt“, kommentierte Helge Braun, Parlamentarischer Staatssekretär im BMBF. Die Resultate wurden am 9. Mai im Rahmen der Deutschen Biotechnologietage in Frankfurt am Main vorgestellt. Die deutsche Biotech-Branche hat auch 2011 ihren moderaten Wachstumskurs der vergangenen Jahre fortgesetzt. Das belegen ein höherer Umsatz von 2,62 Milliarden Euro (+10% zum Vorjahr) und eine gestiegene Zahl von Mitarbeitern von rund 16.300 (+ 5,3%) in den dedizierten Biotechnologie-Unternehmen, das sind gemäß OECD-Definition jene Firmen, die sich ausschließlich mit Biotechnologie befassen. Ebenso ist die Anzahl der dedizierten Firmen (552, +2,6%) leicht nach oben gegangen. Aber auch in der Großindustrie, etwa bei Pharma‑, Chemie- und Saatgut-Herstellern, erobern biotechnologische Prozesse immer mehr Raum. 126 Unternehmen in Deutschland zählen zur Kategorie „sonstige biotechnologisch-aktive Unternehmen“, da biotechnologische Aktivitäten nur einen Teil des Geschäfts ausmachen. Auch diese Firmen stellten Personal ein. Mit 17.570 Beschäftigten stieg die Zahl der Fachkräfte an (2010: 17.000).
Stark gesunkener Zufluss an Wagniskapital
Außerordentlich schwierig war es für die meisten Biotechnologie-Unternehmen, ihre Finanzierung sicherzustellen. Mit 142 Millionen Euro gingen 2011 die Kapitalinvestitionen von privater Seite stark zurück, 2010 waren noch 656 Millionen Euro in die Branche geflossen. Im Gegensatz dazu blieb der Strom an öffentlichen Fördermitteln mit 45 Millionen Euro konstant. „Wir werden die Forschungs- und Entwicklungsprojekte von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) auch weiterhin unterstützen. Sie treiben den Innovationsmotor Biotechnologie an und liefern wichtige Impulse für die Gesundheitswirtschaft und die Bioökonomie”, sagte BMBF-Staatssekretär Braun.
Den Erfolg der KMU-Förderung des BMBF belegt auch die kürzlich abgeschlossene Evaluierung der Fördermaßnahmen BioChance und BioChancePlus, die das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) am 9. Mai veröffentlicht hat. Die Studie hat einen klaren Hebeleffekt der Förderung ermittelt: Die Unternehmen investierten demnach das 2,5‑fache der erhaltenen Fördermittel in F&E. Bei 90 Prozent der geförderten Projekte konnten die Ergebnisse bereits kommerziell verwertet werden oder eine solche Verwertung ist absehbar. „Die BMBF-Förderung ist eine elementare Stütze der innovativen Biotechnologie am Standort Deutschland”, betonte Peter Heinrich, Vorstandsvorsitzender des Branchenverbandes BIO Deutschland. “Dennoch brauchen wir auch bessere steuerliche Rahmenbedingungen für F&E, um deutsche Biotech-KMU wieder attraktiv für internationale Investoren zu machen. Die Kapitalknappheit bedroht die Innovationsfähigkeit des Sektors”, so Heinrich. Trotz der gesunkenenen Finanzierungszahlen erreichen immer mehr Produkte deutscher Biotech-Unternehmen den Markt. BIO Deutschland zählte in einer Erhebung zu Beginn dieses Jahres 700 Biotech-Erzeugnisse „Made in Germany“. Andreas Mietzsch, Vorstandsvorsitzender des Fachkommunikationsunternehmens BIOCOMAG: „Viele Unternehmen haben sich mit profitablen Geschäftsmodellen und Produkten unabhängig von den Launen und Moden des Kapitalmarktes gemacht. Die Branche ist erwachsen geworden.“
Bedeutende Forschungslandschaft
Die biotechnologie.de-Erhebung zur Branche wird in diesem Jahr komplettiert durch einen Blick auf die Forschungslandschaft. Demnach arbeiten an bundesweit mehr als 200 Einrichtungen insgesamt rund 31.000 Menschen in der Biotechnologie. Universitäten, Fachhochschulen, außeruniversitäre Forschungseinrichtungen und Standorte der staatlichen Ressortforschung verfügten im betrachteten Jahr 2010 über ein Gesamtbudget von 3,4 Milliarden Euro. Hinzu kamen knapp 1,4 Millarden an Drittmitteln. Die Zahlen unterstreichen die große Bedeutung der öffentlichen Forschung auf dem Gebiet der Biotechnologie in Deutschland. Quelle: biotechnologie.de