1.700 Aussteller, 13.600 Teilnehmer: Auch in ihrer zwanzigsten Ausgabe konnten die Veranstalter der BIO Convention imposante Zahlen vorweisen. Doch erfahrenen Besuchern ist nicht entgangen, dass die Ausstellungsflächen im Chicagoer Messezentrum McCormick Place diesmal äußerst luftig ausgestaltet waren, und auch an den Ständen spürbar weniger Besucher als in den Vorjahren vorbeischauten. Der Fokus des globalen Branchentreffs scheint sich immer stärker hin zu den kompakten Einzelgesprächen, den One-to-One Partnerings zu verschieben. Diesmal wurden mehr als 25.500 solcher Halbstunden-Treffen in dem sogenannten “Business Forum” abgehalten, 2.800 Unternehmen beteiligten sich. Die Branche traf sich unter guten Vorzeichen: Der am 23. April vorgestellte „Beyond Borders“-Report der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young hat für das Jahr 2012 bei den börsennotierten Biotech-Firmen weltweit ein Umsatzplus um 8 Prozent verzeichnet – insgesamt wurden 89,8 Milliarden US-Dollar im Jahr umgesetzt, und das Netto-Einkommen stieg auf 5,2 Milliarden Dollar.
Nutzenbewertung muss früher Thema werden
Doch die Budgets für Forschung und Entwicklung sind – insbesondere in Europa – weiter geschrumpft, gerade bei kleinen und mittleren Firmen, die weiterhin sparen müssen. Insbesondere bei diesen Unternehmen hat Ernst &Young in einer Umfrage aber auch deutlichen Nachholbedarf aufgezeigt, wenn es darum geht, bereits in frühen Phasen der Entwicklung den Nutzen ihrer Produkte zu bewerten. „Heute reicht es nicht mehr, in einer F&E‑Strategie einzig die Wirkung eines Medikaments zu demonstrieren“, sagte Gautam Jaggi von Ernst & Young in Chicago. „Strategische Investoren und Allianzpartner aus der Pharmaindustrie wollen zu Fragen des Nutzens und der Kostenerstattung schon früh in der Entwicklung aussagekräftige Daten. Die Firmen können es sich nicht mehr leisten, hier nicht zu investieren.“
Vom Wert eines Biotech-Produkts
Zu ähnlichen Schlüssen gelangte bei seiner „Supersession“ auch Wagniskapitalexperte Steven Burrill. Der populäre Branchenanalyst und Investor aus San Francisco machte mit 228 Präsentationsfolien in 90 Minuten deutlich, dass der Wert eines Medikaments keine Konstante sei, sondern von vielen Faktoren abhinge, etwa vom jeweiligen Kostenträger oder gar von geographischen Aspekten. „Wert ist wie Schönheit, es liegt im Auge des Betrachters“, sagte Burrill. Die Gesundheitssysteme und die Regierungen würden immer mehr vom einstigen passiven Zahler zum bedächtigen Abnehmer, der bereit sei, für Qualität zu zahlen. Und auch der Patient habe sich immer mehr vom Bedürftigen zu einem Konsumenten gewandelt, der durch digitale Technologien zum aktiven Gesundheitsmanager in eigener Sache werde.
Europäische Kommission stellt Biosimilars-Papier vor
Die Europäische Kommission nutzte die Bühne der BIO, um ein neues Konsens-Papier zum Thema „Biosimilars“ vorzustellen. Laut dem Papier sind Biosimilars biologische Wirkstoffe, die bereits zugelassenen biologischen Medizinprodukten ähneln. Es handele sich aber keinesfalls um chemische Nachahmerpräparate (Generika), wie sie für niedermolekulare Wirkstoffe existierten. Diese Definition sei ein wichtiger Teil des vorgelegten Papiers, sagte Salvatore D’Acunto, der in der Generaldirektion für Unternehmen und Industrie der Europäischen Kommission für Biotechnologie zuständig ist. „Diese Definition, die wir in einer eigenen Projektgruppe erarbeitet haben, wird von der Industrie und allen relevanten Akteuren unterstützt. Das ist ein wichtiger Beitrag, um existierende Missverständnisse auszuräumen“, sagte er in Chicago. Biosimilars, von denen derzeit zwölf in Europa zugelassen sind, seien hochqualitative Produkte, die für Patienten kostengünstigere Alternativen zu bisherigen biologischen Präparaten böten. Mit dem Informationspapier strebt die Europäische Kommission an, Informationslücken bei Patienten, Ärzten und Kostenträgern zu Biosimilars zu schließen.
Deutschland mit großem Pavillion präsent
Deutschland ist traditionell auf der BIO stark vertreten: Die deutsche Delegation mit dem Gemeinschaftsstand „Made in Germany“ gehörte wieder zur drittstärksten „Landsmannschaft“ hinter Kanada und Großbritannien. Mit 54 Ausstellern präsentierten sich Regionen, Interessenvertreter und Unternehmen aus der Biotechnologie-Branche. Hier ging es um Produkte aus der Gesundheitswirtschaft und der Bioökonomie.
Malaysias Bioökonomie-Fahrplan
Das Thema Bioökonomie hat sich auch Malaysia auf die Fahnen geschrieben und machte in Chicago gut sichtbar darauf aufmerksam. Die Regierung hat im Oktober 2012 ein „Bioeconomy Transformation Programme“ gestartet, mit der Aktivitäten in den Bereichen Agrarbiotechnologie, industrieller Biotechnologie und medizinischer Biotechnologie angekurbelt werden sollen. Bis 2020 sollen 10 Milliarden malayische Ringgit, etwa 2,5 Milliarden Euro, investiert werden. Das Ziel: Bis 2020 soll unter anderem auf diesem Weg Malaysia zu einem Land mit höherem Pro-Kopf Einkommen werden (15.000 US-Dollar). Die nächste Bio Convention führt die Biotechnologie-Branche an die Westküste der Vereinigten Staaten: Vom 23. bis 26. Juni 2014 wird dann San Diego Gastgeber der Riesenmesse sein. Quelle: biotechnologie.de/pg