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Tropische Flüsse atmen Kohlenstoff
26.08.2016
Woher aber stammt das alte organische Material – zum Beispiel die Holzstückchen, die 3000 Jahre alt waren, als sie abgelagert wurden? „Wir fanden einen systematischen Zusammenhang zwischen Alter und Feuchtigkeit“, sagt Schefuß. Auch unter den heutigen, relativ trockenen Bedingungen im Kongo laufen die Umsatzprozesse schnell ab. Darum sei es ausgeschlossen, dass sie direkt durch die Feuchtigkeit gesteuert werden. Zu erklären sei das eigentlich nur durch eine andere Quelle, die bei zunehmender Trockenheit Kohlenstoff freisetzt. Hier kamen spezielle Analysemethoden der englischen Kolleginnen zu Hilfe. In den Proben konnten Reste spezieller, methanfressender Bakterien nachgewiesen werden, die den entscheidenden Hinweis gaben: Das Kongo-Becken ist nicht komplett mit Regenwald bedeckt. In der Mitte, wo mehrere Zuflüsse in den Kongo strömen, gibt es eine Stelle, die wie ein Sumpf dauernd von Wasser bedeckt ist. „Das Gebiet ist in etwa so groß wie die Schweiz und war bis vor kurzem relativ unbekannt, da es unter dichtem Wald verborgen ist. Alles, was an organischem Material in den Sumpf hineingeht, bleibt unter den sauerstofffreien Bedingungen weitgehend erhalten. Hier leben die Methanoxidierer“, erklärt Schefuß. Die Untersuchungen wiesen darauf hin, dass der Sumpf früher deutlich größer gewesen sein muss. Beim Austrocknen wurde das alte, organische Material freigesetzt. „Was wir in den Sedimentarchiven sehen, also die stabilen Komponenten, die Abbau und Transport überlebt haben, sind lediglich die Anzeiger von größeren CO2-Freisetzungen“, erklärt Schefuß – der weitaus größte Teil des freigesetzten Kohlenstoffs geht direkt als CO2 in die Atmosphäre. „Das zeigt, dass Feuchtgebiete in tropischen Flusssystemen ein wichtiger Kohlenstoffspeicher sind. Trocknen sie aus, aufgrund von natürlichen Ursachen oder menschlichem Handeln, wird CO2 abgegeben“, fasst Schefuß zusammen. Künftig werde man die Rolle der tropischen Feuchtgebiete in CO2-Modellen deutlicher berücksichtigen müssen, ist der Bremer Geochemiker überzeugt. Die neue Interpretation der Daten könnte auch als Modell für vergleichbare Gebiete, wie zum Beispiel den Amazonas, dienen. Die Studie unterstreicht außerdem die Bedeutung der Sedimentkerne vom Meeresboden als Klimaarchive. „An Land gibt es keine Klimaarchive, die diese Prozesse aufzeichnen können. Dort, wo es trocken wurde, wurde das Material wegtransportiert. In den verbleibenden Sumpfgebieten wird das Material weiter konserviert“, betont Schefuß. Lediglich vor den Flussmündungen, wo das freigesetzte stabile organische Material letztendlich abgelagert wird, sind diese Prozesse zu sehen. „Die Klimaänderungen in der Vergangenheit dienen uns dabei als natürliche Experimente, um die Folgen des jetzigen Klimawandels besser abschätzen zu können.“ Quelle: Zentrum für Marine Umweltwissenschaften