Unter Biokunststoff versteht man allgemein Kunststoffe, die aus Biomasse hergestellt werden. Da keine fossilen Rohstoffe verwendet werden und bei der Entsorgung lediglich Kohlendioxid und Wasser anfallen, spielen Biokunststoffe eine wichtige Rolle bei der Einsparung von Rohstoffen und für den Klimaschutz. Allerdings sind sie bisher nur begrenzt einsetzbar. Allgemein gilt: je durchsichtiger ein Kunststoff ist, desto weniger fest und belastbar ist er. Derzeit werden Biokunststoffe vor allem für Wegwerfprodukte, zum Beispiel Folien und Verpackungen für Lebensmittel eingesetzt. Eine Forschergruppe des Japan Advance Institute of Science and Technology (JAIST) unter Leitung von Prof. Tatsuo Kaneko hat nun zusammen mit einer Gruppe der Universität Tsukuba unter Leitung von Prof. Naoki Takaya einen Biokunststoff entwickelt, der mit Hilfe von Mikroorganismen hergestellt wird und eine weltweit einmalige hohe dynamische Belastbarkeit aufweist. Die Gruppe des JAIST war für die Modifikation der Mikroorganismen zuständig. Im Gegensatz zum bisher üblichen Verfahren, bei dem aus Mais oder Zuckerrohr gewonnener Traubenzucker in Milchsäure umgewandelt und dann polymerisiert wird, wurden hier die Traubenzuckermoleküle in Moleküle der Zimtgruppe umgewandelt. Es entstand 4‑Aminozimtsäure, die in der Natur nicht vorkommt. Der Gruppe der Universität Tsukuba gelang es dann, diese 4‑Aminozimtsäure unter Lichteinstrahlung zu polymerisieren und einen Kunststoff herzustellen, der zu den aromatischen Polyamiden gehört. Die eingesetzten Kolibakterien wurden bereits in der Vergangenheit zur Herstellung von Biokunststoffen verwendet, die Herstellung von Ausgangsstoffen für aromatische Polyamide ist jedoch erstmalig. Das so hergestellte aromatische Polyamid kann zu einer klaren und durchsichtigen Folie verarbeitet werden. Hinsichtlich der Transparenz kommt sie dem allgemein üblichen Polykarbonat gleich. Mit 407 MPa bietet der neue Biokunststoff jedoch die sechsfache dynamische Festigkeit von Polyamid und liegt damit auch weit über der von Glas (100 — 150 MPa) oder Nanozellulosefasern (223 MPa). Das macht ihn attraktiv als Ersatz für Glas. Mit einer Hitzebeständigkeit von 250 °C ist er auch als Industriekunststoff geeignet, zum Beispiel in der Autoindustrie, wo man im Interesse der Brennstoffeinsparung stets um Gewichtsverminderung bemüht ist. Da er bei hoher Festigkeit gleichzeitig biegsam ist, ist er auch für flexible Displays bestens geeignet. Hinsichtlich der Herstellungskosten ist der neue Biokunststoff ebenfalls attraktiv: 1 kg kann für etwa 2000 — 4000 Yen (etwa 17 — 35 Euro) produziert werden. Während der Produktionsprozesse fallen mit einer Umwandlungseffizienz von über 95% so gut wie keine Verluste an. Noch ist es jedoch nicht so weit, denn bis zur Massenproduktion müssen noch zahlreiche Probleme gelöst werden. So müssen unter anderem Zuschlagstoffe entwickelt werden, mit denen die thermodynamischen und optischen Eigenschaften exakt gesteuert werden können. Für den Einsatz im elektronischen Bereich muss die Kombinierbarkeit mit zahlreichen Metallen und anorganischen Stoffen untersucht werden. Hinzu kommen die entsprechenden Technologien. Dazu ist eine enge Zusammenarbeit mit Unternehmen erforderlich. Quelle: Deutsches Wissenschafts- und Innovationshaus Tokyo