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Polyamide aus Holzabfällen
24.10.2016

Den Straubinger Forschern geht es nicht um kompostierbare Plastiktüten, sondern um stabile High-Performance-Kunststoffe für spezielle Anwendungen, die sich umweltfreundlich herstellen lassen. An dem Straubinger Institutsteil BioCat des IGB, das Professor Volker Sieber leitet, wurden Verfahren für die Umwandlung von Terpenen, sprich Reststoffen der Cellulosegewinnung aus Holz, zu Biotensiden, biobasierten Epoxiden oder Monomeren für besonders schlagfeste, kältestabile Polyamide entwickelt (siehe auch Kasten »Was sind Terpene?« und »Polyamide aus 3‑Caren«). »Diese Hochleistungspolyamide der terpenbasierten Monomere Campherlactam und Caranlactam weisen aufgrund ihrer amorphen Eigenschaften eine hohe Transparenz auf«, erklärt Projektleiter Dr. Harald Strittmatter. »So werden neue Anwendungen, etwa für Skibrillen oder Visiere von Helmen, möglich.« Aus den biobasierten Polyamiden lassen sich aber auch Produkte wie Folien, Textilien oder Klebstoffe herstellen.
Enzyme und unbedenkliche Stoffe ersetzen Chemikalien
Warum greifen die Fraunhofer-Forscher ausgerechnet zu Terpenen? »Sie sind ein nachwachsender Rohstoff, der als Abfallstoff der Zellstoffproduktion, aber auch in der Fruchtsaftindustrie in großen Mengen anfällt. Damit gibt es keine Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion, wodurch sich die Teller-Tank-Diskussion erübrigt«, erläutert Strittmatter. Bislang werden diese Abfälle meist verbrannt. Das ist auch insofern unbefriedigend, als die chemische Struktur von Terpenen in ihrer Komplexität äußerst interessant ist. »Entsprechende Verbindungen können aus fossilen Grundstoffen nur sehr aufwändig hergestellt werden«, sagt der Projektleiter. Die besondere Terpen-Struktur ermöglicht Polyamide mit speziellen Eigenschaften, wie der hohen Durchsichtigkeit, herzustellen. Hierfür müssen die Terpene chemisch modifiziert werden. Durch Oxidation wird eine sogenannte Carbonylgruppe eingeführt, die in einer weiteren Reaktionsstufe zu einem Lactam, dem Monomerbaustein für Polyamide, umgesetzt werden kann. Auch hier zeigt das Fraunhofer-Verfahren Vorteile: Es sind weniger Syntheseschritte als üblicherweise erforderlich. Vor allem aber: »Wir verwenden statt heikler Chemikalien Enzyme und andere unbedenkliche Stoffe«, betont Strittmatter.Bislang werden die biobasierten Kunststoffe noch im Labormaßstab hergestellt. Ziel ist es, das Verfahren in den Produktionsmaßstab zu überführen. Strittmatter und sein Team verfolgen aber noch eine weit größere Absicht: »Wir wollen einen Beitrag zur Biologisierung der Wirtschaft leisten.«