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Photosynthese — Problemlöser der Zukunft
30.01.2017
Die Dunkelreaktion der Photosynthese als Blaupause
Die Dunkelreaktion der Photosynthese ist von großem Interesse für die Forschung, denn durch sie kann CO2 fixiert werden, um daraus Kohlenhydrate zu bauen. Das ist in unserer Zeit von besonderem Interesse, da durch die zunehmende Menge an CO2 der Klimawandel weiter angeheizt wird. Eine Möglichkeit, den Klimawandel zu bekämpfen wäre, mehr Pflanzen anzubauen. Wäre da nicht ein kleines Problem: Das wohl bekannteste Enzym der Photosynthese – die RuBisCo – das für die CO2-Fixierung zuständig ist, erwischt vergleichsweise häufig (bei etwa jeder fünften Reaktion) statt eines CO2-Moleküls ein Sauerstoffmolekül und ist damit ziemlich ineffizient. C4-Pflanzen haben dieses Problem umgangen, indem sie das CO2 vorfixieren und somit nahezu alle CO2-Moleküle, die der RuBisCo durch die Lappen gehen, doch noch erwischen. Eine andere Möglichkeit besteht darin, die RuBisCo zu ersetzen. Forscher des Max-Planck-Institutes für terrestrische Mikrobiologie in Marburg haben daher in einer neuen Studie versucht, statt der RuBisCo ein bakterielles, viel effizienteres Enzym, die Crotonyl-CoA Carboxylase/Reduktase, zur CO2-Fixierung zu nutzen und passend dazu einen künstlichen CO2-Fixierungs-Zyklus zu kreieren, mit dem auf synthetischem Wege Kohlenhydrate hergestellt und gleichzeitig CO2 aus der Atmosphäre entfernt werden könnte. Denn die Crotonyl-CoA Carboxylase/Reduktase irrt sich bei der Fixierung von CO2 fast nie und ist zudem auch noch bis zu 20-Mal schneller als die RuBisCo. Allerdings kann man die RuBisCo nicht einfach durch die Crotonyl-CoA Carboxylase/Reduktase ersetzen, um so die Photosynthese effektiver zu machen. Dazu müssen die einzelnen Enzyme genau aufeinander abgestimmt sein. Die Crotonyl-CoA Carboxylase/Reduktase braucht also weitere Begleiter, die ebenso schnell arbeiten und zusammen harmonieren. Die Forscher versuchten daher, diese Begleitenzyme aus anderen Lebewesen zusammenzustellen und so einen synthetischen Calvin-Zyklus zu erschaffen, der in der gewünschten Weise arbeitet.Der „Multi-Kulti-Zyklus“
Aus 40.000 Enzymen verschiedener Datenbanken wurden innerhalb von zwei Jahren 17 Enzyme aus neun verschiedenen Lebewesen (darunter ein menschliches Enzym, eine Reduktase) aus allen drei Domänen ausgesucht, die optimal zusammenarbeiten können. So entstand der Crotonyl – Coenzym A (CoA)/ethylmalonyl-CoA/Hydroxybutyryl-CoA-Zyklus (CETCH), ein künstlicher Weg, um CO2 zu fixieren. Mit diesem Weg konnten die Forscher im Labor sehr schnell und effektiv CO2 umsetzen (5 nanomol CO2 pro Minute und Milligramm Protein, im Vergleich dazu schaffen die entsprechenden „natürlichen“ Enzyme 1 bis 3 nanomol CO2 pro Minute und Milligramm Protein). Er bekommt seine Energie allerdings nicht vom Licht, sondern durch die Bereitstellung von ATP und NADPH. Als Endprodukt entsteht Glyoxalsäure. Dieser künstliche Zyklus stellt somit eine siebte CO2-Fixierungsmöglichkeit zu den bisher bekannten sechs natürlich entstandenen dar. Nach Meinung der Forscher ergeben sich daraus viele Nutzungsmöglichkeiten: Zum Beispiel könnten auf diesem Wege verschiedene Substanzen hergestellt werden, vom Antibiotikum bis hin zu Rohstoffen für die Energiegewinnung. Dazu könnte der Zyklus zum Beispiel in ein Bakterium eingebaut werden. Auch in Verbindung mit Solarenergie, die die benötigte Energie liefert, könnte der Zyklus verwendet werden.Die Spaltung von Wasser – geheimnisvolle Energiegewinnung
Der große Traum: Nach dem Vorbild der Pflanzen mit Hilfe von Licht Wasser spalten und so aus zwei im Überfluss vorhandenen Komponenten rückstandsfrei Energie gewinnen. Um diesem Szenario näher zu kommen, befasst sich eine dritte Studie mit den Vorgängen während der Wasserspaltung im Photosystem II. Denn wenn es möglich wäre, diese Form der Energiegewinnung technisch zu nutzen, könnten damit die Energieprobleme unserer Zeit vermutlich deutlich verringert werden. Die Wasserspaltung findet an den Thylakoidmembranen der Chloroplasten von Pflanzen oder Cyanobakterien statt. Um die einzelnen Vorgänge genau zu beobachten, nutzten die Forscher einen neuartigen Elektronenlaser (x‑ray free electron laser, XFEL), der im Femtosekundenbereich Laserblitze sendet. Bisher gab es das Problem, dass die Strahlen die Proben in Trümmer legten, bevor ausreichend Daten gesammelt werden konnten. Mit dieser neuen Technik wird das Problem umgangen: Durch die extrem kurzen Blitze (40 Femtosekunden, 1 Femtosekunde = 10-15 s) können Aufnahmen gemacht werden, bevor die Probe zerstört wird. Und noch etwas ist neu: Statt wie bisher eingefrorene Proben zu nutzen, konnten erstmals die Aufnahmen bei Zimmertemperatur gemacht werden, wenn das PS II sozusagen „live“ in Aktion ist. Die Aufnahmen werden im Größenbereich von 2,25 Ångström gemacht (1 Å = 10-10 m), so dass es möglich ist, eine räumliche Einsicht in extrem winzige Bereiche zu erhalten. So konnten die verschiedenen Anregungszustände des PS II untersucht werden. Die gesammelten Daten wurden anschließend mittels Computersoftware zusammengesetzt. Die Forscher hoffen, so den Geheimnissen der Wasserspaltung auf die Spur zu kommen. So ist die Photosynthese bis heute Gegenstand intensiver Forschung, da immer noch längst nicht alle Vorgänge vollständig verstanden sind. Dennoch könnte in der Photosynthese die Lösung für viele Probleme unserer Zeit liegen.Originalpublikationen
- Schwander, T. et al. (2016): A synthetic pathway for the fixaton of carbon dioxide in vitro. In: Science, Vol. 354, Iss 6314, (18. November 2016), doi: 10.1126/science.aah5237.
- Young, I. D. et al. (2016): Structure of photosystem II ans substrate binding at room temperature. In: Nature, (21. November 2016), doi: 10.1038/nature20161.