Nachwuchsgruppe der TU Dortmund entwickelt katalytische Verfahren für nachwachsende Rohstoffe
07.10.2020
Vier bis fünf Wissenschaftlerinnen oder Wissenschaftler sucht der gelernte Chemiker für seine Nachwuchsgruppe Renewlysis. Der Name ist zusammengesetzt aus Renewables und Catalysis. Ab Januar wird die Gruppe das Projekt „Wertschöpfungsorientierte Entwicklung chemokatalytischer Veredelungsreaktionen von Oleochemikalien“ umsetzen. „Grundsätzlich geht es darum, den Schwenk der Chemie, die bislang ihre Grundlage bei Mineralöl hat, auf nachwachsende Rohstoffe zu schaffen“, sagt Dr. Seidensticker. Die Rohstoffe sollen zudem möglichst nicht in Übersee wachsen, wie etwa Palmöl, sondern in Europa. Es sind Fette und Öle, sogenannte Oleochemikalien, die beispielsweise aus Raps und Sonnenblumen, aber auch aus Hanf gewonnen werden. Diese nachwachsenden Rohstoffe sollen in Wertprodukte umgewandelt werden und Mineralöl ersetzen. „Innovative Verfahren zur Herstellung von Produkten auf Basis nachwachsender Rohstoffe können einen wichtigen Beitrag leisten, die Chemiewirtschaft nachhaltiger und damit zukunftssicherer zu gestalten“, sagt Seidensticker. Wesentliche Herausforderungen für diese biobasierten Produkte wie etwa Kunststoffe, Tenside, Schmiermittel und Weichmacher ist es, diese in ähnlicher Menge, aber eben auch in gleicher Qualität wie in der petrochemisch-basierten chemischen Industrie zur Verfügung zu stellen. Vereinfacht gesagt: Die Umwandlung muss sich rechnen, die nachwachsenden Rohstoffe haben nur eine Chance am Markt, wenn sie preislich mit Mineralölprodukten konkurrieren können. Die Gruppe um Dr. Seidensticker ist in ihrer Forschung frei. Sie arbeitet nicht im Auftrag oder für Unternehmen. Das war eine Voraussetzung, um den Zuwendungsbescheid von der Fachagentur Nachwachsender Rohstoffe (FNR) im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) zu erhalten. „Allerdings werden unsere Forschungsergebnisse sicherlich in die Produktion bei Chemieunternehmen einfließen“, prognostiziert Dr. Seidensticker. Die eigenständige Nachwuchsgruppe Renewlysis widmet sich daher der Erforschung innovativer technologischer Ansätze zur Herstellung biobasierter Produkte wie Chemikalien, Kunststoffvorläufer oder Additive für Kosmetika. Zudem geht es um die Optimierung der Herstellung chemischer Vorprodukte. Insbesondere ungesättigte Oleochemikalien – also Rohstoffe aus pflanzlichen Fetten und Ölen – sind zur Erzeugung nachhaltiger Produkte aussichtsreich. Katalytische Verfahren für Oleochemikalien werden bisher typischerweise anhand einzelner Modellausgangsstoffe entwickelt und erprobt. „Das wollen wir ändern, denn in der Natur kommen vor allem Gemische verschiedener Fettsäuren vor. Das muss von vornherein bei der Verfahrensentwicklung berücksichtigt werden.“ Der Einsatz nachwachsender Rohstoffe ist für Dr. Thomas Seidensticker schon seit Jahren neben der Forschung auch in der Lehre eine „Herzensangelegenheit“. 2007 begann er sein Chemiestudium an der TU Dortmund. Während seiner Doktorarbeit von 2013 bis 2016 erhielt er ein zweijähriges Promotionsstipendium des Fonds der Chemischen Industrie (FCI). 2016 promovierte er in der Arbeitsgruppe von Prof. Arno Behr an der Fakultät BCI. Gemeinsam mit ihm hat er das Lehrbuch „Einführung in die Chemie nachwachsender Rohstoffe“ geschrieben, das in diesem Jahr den mit 10.000 Euro dotierten Literaturpreis des Fonds der Chemischen Industrie erhalten hat. Ende des Jahres erscheint es in englischer Sprache unter dem Titel „Chemistry of Renewables“. Quelle: TU Dortmund/idw, Pressemitteilung, 07.10.2020