Aktuelles
Die grüne Zukunft der Verpackung
26.03.2019
In den vergangenen Jahren gab es verstärkt Anstrengungen in Forschung und Industrie, Drop-In Lösungen, die chemisch nicht von ihren fossilbasierten Pendants zu unterscheiden sind, und chemisch neuartige biobasierte Kunststoffe zu entwickeln bzw. in großem industriellem Maßstab herzustellen. Denn, noch haben die konventionellen Kunststoffe ihren biobasierten „Geschwistern“ Einiges voraus: Sie sind über Jahrzehnte in die Prozesskette der Olefinverarbeitung eingebunden und damit Teil einer hocheffizienten Herstellung und Veredelung. Um sich erfolgreich etablieren zu können, benötigen biobasierte Kunststoffe deshalb eine gesamte Prozesskette innerhalb einer Bioökonomie, die für die Produktion der chemischen Grundstoffe sorgt. Die Bioökonomie setzt dabei sowohl auf nachwachsende Rohstoffe als auch auf biobasierte Prozesslösungen. Leitprinzip der Bioökonomie ist dem Bundesministerium für Bildung und Forschung zufolge, der Aufbau einer Kreislaufwirtschaft, die im Sinne von Ressourceneffizienz und Nachhaltigkeit eine bestmögliche Verwertung sowie Mehrfachnutzung von Rohstoffen und Stoffströmen ermöglicht. Verpackung ist Hauptabnehmer von Biokunststoffen Beim FNR Wissensforum während der FachPack 2018 nannte Dr. Harald Käb von narocon Innovationsberatung die Lebensmittelhersteller Pepsi, Danone und Nestlé als Beispiele aus der Praxis. Die Unternehmen wollen gemeinsam Flaschen aus 100% biobasiertem PET entwickeln. In den Super- und Discountermärkten fände man außerdem bereits viele Verpackungen, die aus biobasierten Kunststoffen und Rezyklat hergestellt wurden (z.B. Getränkeflaschen aus Bio-PET, Folien aus Bio-PE, biobasiertem HDPE oder Zellulose, Joghurtbecher aus biobasiertem PLA). Auch in der Verpackungslogistik gibt es Bestrebungen, Kunststoffbehältnisse aus biobasierten Materialien einzusetzen. So hat WALTHER Faltsysteme eine biobasierte und wiederverwertbare RFID-Faltbox für automatisierte Intralogistik und Lieferantentransporte im Programm. Dem Hersteller zufolge sind 100 Umläufe möglich und die Boxen seien 2 bis 3 Mal wiederverwertbar. Noch fehlen Standards Dennoch seien auch Biokunststoffe „nur“ Kunststoffe, betonte Nuse Lack-Ersöz von der Hochschule Hannover, Institut für Biokunststoffe und Bioverbundwerkstoffe (IfBB), während des FNR Wissensforums. Auch bei biobasierten Polymeren müssen – wie bei erdölbasierten Polymeren – Additive eingesetzt werden, um die Funktionalität und Verarbeitbarkeit zu gewährleisten, bestätigt auch Dr. Frank Welle, Fraunhofer-Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung (IVV), Freising. In der Regel sind dies dieselben Additive wie bei erdölbasierten Polymeren. Spezielle Additive ausschließlich für biobasierte Polymere seien nicht am Markt. Lack-Ersöz bemängelt zudem, dass es für Nachhaltigkeitsbewertungen von Biokunststoffen derzeit noch keine standardisierten Regelwerke gibt. Sie empfiehlt deshalb eine harmonisierte Vorgehensweise für konventionelle Kunststoffe und Biokunststoffe in Europa, um eruieren zu können, wo Vor- und Nachteile bestehen. Ihrer Auffassung nach sind Biokunststoffe ebenso zukunftsträchtig und nachhaltig wie konventionelle Kunststoffe. Beide brächten Vor- und Nachteile mit sich. Das Problem läge vielmehr im falschen Umgang mit dem Kunststoffabfall. Recycling von Biokunststoffen Dr. Harald Käb sieht in diesem Zusammenhang große Chancen, Verpackungskunststoffe, die aus Erdöl gewonnen werden, durch solche zu ersetzen, die aus nachwachsenden Rohstoffen wie Agrar‑, Rest- und Abfallstoffen, darunter Holz, Rohrzucker, Algen oder den Schalen von Meerestieren erzeugt werden. Gerade, weil mit dem neuen Verpackungsgesetz, das am 01.01.2019 in Kraft trat, nicht oder schlecht recycelbare Verpackungen teurer geworden sind. Dr. Käb sprach von einer New Plastics Economy, also dem Übergang von fossilen zu erneuerbaren Rohstoffen und Rezyklaten und vergleicht dies mit dem Wandel der Energiewirtschaft und des Transportwesens. Dabei begünstige die zunehmende Bedeutung der Kreislaufwirtschaft in der Politik recycelbare Verpackungen. Ein Vorteil für die Wiederverwertung ist, dass Kunststoffe, die chemisch identisch zu Kunststoffen aus fossilen Rohstoffen sind (Drop-In-Materialien), sich beim Recycling wie ihre petrochemischen Pendants verhalten und gemeinsam mit ihnen verwertet werden können. Wäre eine biobasierte recycelbare Verpackung, die anteilig aus Rezyklat hergestellt wurde, das wiederum biobasiert ist dann das ultimative Ziel? Laut Dr. Käb ist das Verpackungsgesetz (§21) ein wichtiges Vehikel zur Umsetzung dazu. Wie sich das Verpackungsgesetz in der Praxis bisher auswirkt, werden wir im nächsten Artikel im Newsroom der FachPack genauer beleuchten. Über die FachPack Die FachPack ist die Europäische Fachmesse für Verpackungen, Prozesse und Technik. An drei kompakten Messetagen präsentiert sie vom 24. bis 26. September 2019 unter dem Leitthema „Das umweltgerechte Verpacken“ in Nürnberg ihr umfassendes Fachangebot rund um die Prozesskette Verpackung für Industrie- und Konsumgüter. Ihr einzigartiges Messeportfolio umfasst: Packstoffe und Packmittel, Packhilfsmittel, Verpackungsmaschinen, Etikettier- und Kennzeichnungstechnik, Maschinen und Geräte in der Verpackungsperipherie, Verpackungsdruck und ‑veredelung, Intra- und Verpackungslogistik sowie Services für die Verpackungsindustrie. Die FachPack zieht Fachbesucher aus folgenden Branchen an: Lebensmittel/Getränke, Pharma/Medizintechnik, Kosmetik, Chemie, Automotive sowie weiterer Konsum- und Industriegüter. Quelle: Messe Nürnberg GmbH, Pressemitteilung, 26.03.2019