Die Nutzung von Bakterien und Mikroorganismen zur Gewinnung von Biomasse und Energie steht wie auch in den vergangenen Jahren im Fokus der Ingenieure und Naturwissenschaftler. Eine zentrale Schwierigkeit ist nach wie vor das Erreichen einer positiven Ökobilanz. Systeme, die aber prinzipiell funktionieren, sind zahlreich. Um die ehrgeizigen Klimaschutzziele der Bundesregierung zu erreichen, das Treibhausgas CO2 bis 2020 um 40 Prozent einzusparen, muss noch viel geschehen und an der Optimierung getüftelt werden. Hierzu referierten elf Experten aus Wissenschaft und Industrie über biotechnologische und physiko-chemische Ansätze. Gleich zu Anfang rief Hans-Christian Schaefer, Leiter des Referats Biotechnologie der DBU, die Wichtigkeit der biobasierten Forschung in diesem Feld in Erinnerung: „Die Natur liefert uns fertige Lösungen, die wir nur weiterentwickeln müssen.“
Bakterien als Grundstofffabrik
Acetat ist eine Essigsäure-Verbindung, die von Mikroorganismen hergestellt werden kann und sich anschließend zu kohlenstoffhaltigen Produkten weiterverarbeiten lässt. Neue Erkenntnisse für die Herstellung von Acetat aus CO2 und Wasserstoff durch die Bakterienspezies Acetobacterium woodii haben Forscher um Dirk Weuster-Botz von der TU München (IBB-Netzwerkmitglied) gewonnen: Sie erzielten eine bisher unerreichte Acetatausbeute durch spezielle Feinjustierung der Reaktionsbedingungen in speziellen Reaktoren. „Eine prinzipielle Nutzung acetogener Mikroorganismen zur Herstellung von Acetat ist also möglich“ erläuterte Weuster-Boltz. Unter Berücksichtigung der Ökobilanz und der Energiebereitstellung, die zur Umsetzung durch die acetogenen Bakterien notwendig wäre, sei eine Überführung in den industriellen Maßstab aber noch ein langer Weg.
Stromgetriebene Synthese durch Bakterien
Mit der mikrobiellen Brennstoffzelle lässt sich ein Stromfluss durch die Umsetzung von organischen Substanzen durch Bakterien erzeugen. Diese Bakterienbatterien sind für eine sinnvolle ökologische Nutzung jedoch bisher nicht wirtschaftlich genug. Johannes Gescher vom Karlsruher Institut für Technologie forscht an einem quasi umgekehrten Ansatz: Bei der mikrobiellen Elektrosynthese nehmen Mikroorganismen in speziellen Reaktoren Elektronen auf um damit Eisenverbindungen zu reduzieren. Das Bakterium Shewanella oneidensis beispielsweise gewinnt bei dieser sogenannten dissimilatorischen Metallreduktion Energie und macht zugleich chemisch sonst sehr schwer aufzuschlüsselnde Schwermetalle leichter zugänglich. Durch die Reaktion bindet die Mikrobe Kohlenstoff für seine Zellspeicher. Mögliche Quellen für Kohlenstoff und Schwermetalle könnten Abfallströme aus der Industrie sein, die anschließend besser verwertet werden können.
Effizienz der Biofilme steigern
Weiterhin ein vielversprechender Trend: Die Nutzung der Photosynthese durch Mikroalgen. Nimmt man der Mikroalge die Fähigkeit zu wachsen oder Energie zu speichern und fördert gleichzeitig die Ausbeute ihrer CO2-Umsetzung, erhält man eine hocheffiziente Kohlenstoff-Fabrik, der man den Überschuss nur abnehmen muss. Daran forschen Wissenschaftler um Christian Wilhelm von der Universität Leipzig. Dabei will er nicht unbedingt möglichst hohe Biomassen in großflächigen Reaktoren erzeugen, sondern höhere Effizienz auf kleinem Raum. So sollen in Wilhelms Ansatz vergleichweise wenige, aber hochpotente Arten in dünnen Biofilmen das CO2 stofflich zugänglich machen. Zusätzlich werden diese Biofilme nach dem Vorbild der Natur so konzipiert, dass sie physikalische Störfaktoren effizient umgehen. So werden die Mikroalgen darin so angeordnet, wie im jungen Blatt einer Buche, das trotz seiner Dicke hocheffizient CO2 bindet, indem die Zellwandeigenschaften für optimale Lichtstreuung sorgen.
Forscher zeigen sich selbstbewusst
„Es geht um Substanzen, von denen wir wissen, dass die Industrie sie braucht, die aber eine schlechte ökologische Bilanz haben. Unser Anspruch ist es, den bakteriellen und den pflanzlichen Stoffwechsel so zu kombinieren, dass wir schließlich mit einer Effizienzsteigerung um mindestens eine Zehnerpotenz diese Substanzen erzeugen können. Sonst können wir beim Alten bleiben“, erklärte Christian Wilhelm während der abschließenden Diskussion. Bis dahin sei es allerdings ein langer Weg. Insbesondere sei die Umsetzung von Fragen der Stabilität und der Kontrolle der lebenden Systeme abhängig. Ein Scheitern ihrer Projekte befürchten die Forscher aus allen vertretenen Disziplinen indes nicht, denn das frühe Stadium ihrer Forschung lässt Fehler direkt auffliegen. Es scheint also eine Evolution der Systeme stattzufinden, deren Grundideen schon länger existieren. An Zielstrebigkeit und Engagement mangelt es jedenfalls nicht. Quelle: biotechnologie.de/bs