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Brennerei 4.0: Big Data für Obstbrände von gleichbleibend hoher Qualität
25.02.2020
Destillationsanlagen sind bisher eine Black Box
„Man kann also unten Gas geben und oben bremsen“, fasst der Experte das Verfahren zusammen. „Beim Brennen unterscheiden wir zwischen Vor‑, Mittel- und Nachlauf – genutzt wird der Mittellauf. Und je nachdem, wann man wieviel Gas gibt oder bremst, kann man den Vor- und Nachlauf verschieben. Das verändert die Aromen im Produkt.“ Doch daran, wie man idealerweise diesen Brennvorgang steuert, scheiden sich die Geister. „Bei 10 Brennern gibt es 10 Meinungen dazu“, so Dr. Einfalt. Die Qualität beruhe daher ausschließlich auf Erfahrung und Geschick der Brenner – denn die Destillationsanlagen seien bisher eine Black Box.Digitalisierung ermöglicht neue Einblicke
„Für eine gleichbleibend hohe Qualität der Obstbrände müssen wir Einblick in diese Black Box erhalten – und das ermöglicht uns die Digitalisierung.“ Die Hohenheimer Forscher haben daher für rund 40.000 Euro eine ihrer Kupferdestillationsanlagen von der Firma Carl GmbH aus Eislingen digitalisieren lassen. „Nun haben wir zehn Temperatursensoren an der Anlage und Ansatzmöglichkeiten für weitere Sensoren“, erläutert Alexander Plank, Geschäftsführer der Firma Carl GmbH. „Zudem messen wir die Volumenströme des Dephlegmator-Rückflusses, des sogenannten Phlegmas, und des Produktes. So erhalten wir einen umfassenden Einblick in die verschiedenen Stoffströme. Denn bisher wusste niemand, was genau in der Anlage eigentlich geschieht.“Empfehlungen vor allem für Kleinbrennereien
Das Produkt untersuchen die Forscher anschließend auf Aromakomponenten. „Es gibt oftmals charakteristische Aromastoffe, zum Beispiel bei der Willams Christ-Birne, die dann als eine Art Leitsubstanzen für die Qualität gelten können“, so Dr. Einfalt über das weitere Vorgehen.„Das Projekt Brennerei 4.0 adressiert vor allem die kleinen Brennereien, die natürlich nicht selbst ihre Anlagen digitalisieren lassen können – die technische Ausstattung würde den Preis einer Anlage verdoppeln“, so Dr. Einfalt. „Unser Ziel sind daher Empfehlungen für die Praxis auf wissenschaftlicher Grundlage, die wir aus den digitalen Daten ableiten.“