Bei der Untersuchung eines gut erhaltenen fossilen Hornschwammes aus dem Burgess-Schiefer der kanadischen Rocky-Mountains machte das Forscherteam die Entdeckung: Chitin, das zweithäufigste Biopolymer nach der Cellulose, wurde vor 505 Millionen Jahren, und damit wesentlich früher als bisher vermutet, auf unserem Planeten verwendet. Das internationale Forscherteam unter der Leitung der TU Bergakademie Freiberg konnte damit auch beweisen, dass Chitin wahrscheinlich zu den thermostabilsten Biopolymeren gehört. Selbst bei Temperaturen bis 400 Grad Celsius verändert die Substanz weder ihre Zusammensetzung noch Form.
Mineralschicht schützt Chitin
Die Wissenschaftler aus Deutschland, England, Polen, Russland, der Tschechischen Republik und den USA vermuten, dass der Erhalt des organischen Skelettgerüstes von Chitin auf eine antibakterielle Mineralschicht zurückzuführen ist. Im Laufe der über fünf Jahre andauernden Studien hatten die Forscher die Gesteinsproben des Ur-Schwammes zuerst gründlich gereinigt, um so eventuelle Verschmutzungen der Neuzeit zu entfernen. Danach wurden der Probe sämtliche Mineralien wie Salz entzogen, wodurch ein faseriges Gerüst aus dem Aminopolysaccharid Chitin zurückblieb. Mit Hilfe moderner bioanalytischer und physikalischer Analysen konnte schließlich aufgezeigt werden, dass sich das Chitin-Skelett des Hornschwammes unter der Mineralschicht über Millionen von Jahren sehr gut gehalten hat. Als Grund dafür vermuten die Wissenschaftler die geologischen Vorgänge in der Burgess-Schiefer-Lagerstätte. Hier war die Formation lediglich Temperaturen um die 260 Grad Celsius ausgesetzt.
Erkenntnisse beeinflussen zukünftige Forschung
„Die untersuchten Schwämme können aufgrund ihrer uralten Herkunft und ihrer einzigartigen Chemie über grundlegende Fragen der molekularen Evolution wie zum Beispiel über die Bildung erster Chitin-basierter Skelette und über den Ursprung vielzelliger Lebewesen Aufschluss geben“, so Hermann Ehrlich von der TU Freiberg. Die neuen Erkenntnisse könnten allerdings auch zukünftige Forschungen beeinflussen. Ehrlich zufolge könnten sie sowohl Grundlage für eine Neubeschreibung der Rolle des Strukturbiopolymers Chitin in der Biomineralisation sein. „Das Wissen bildet auch die Basis für neue technologische Strategien in der biomimetischen Synthese von Chitin-basierten Materialien und Biokompositen“, so Ehrlich. In der Biomimetik oder auch Bionik werden Erkenntnisse aus der biologischen Forschung in technische Anwendungen wie die Entwicklung neuer Biomaterialien umgesetzt. Quelle: biotechnologie.de/bb