860 Millionen Euro Förderung für neue H2-Modellregion in NRW
Die Entscheidung für eine Wasserstoff-Modellregion in Deutschland ist gefallen: Die Bundesregierung mit dem federführenden Bundesforschungsministerium an der Spitze hat sich für das so genannte Rheinische Revier entschieden, das im bisherigen Braunkohle-Revier zwischen Aachen, Mönchengladbach und Neuss bei Düsseldorf liegt. In diesen Raum sollen in den kommenden 17 Jahren rund 860 Millionen Euro an Fördermittel fließen, um zahlreiche Wasserstoff-Projekte in Gang zu bringen. Dabei wird das Forschungszentrum Jülich eine Schlüsselrolle spielen. Die Jülicher Forscher kündigten am Dienstag an, in der Region ein Helmholtz-Cluster für nachhaltige und infrastrukturkompatible Wasserstoffwirtschaft, kurz HC-H2, aufzubauen. Es soll ein “Leuchtturmprojekt für forschungsgetriebene neue Wertschöpfung” werden. Ein Großteil der Fördermittel wird aus dem Investitionsgesetz Kohleregion stammen. Auch das Land Nordrhein-Westfalen beteiligt sich mit Landesmitteln am Aufbau des HC-H2.
Über den Stand der Planungen werden am 2. September Armin Laschet, Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen, und Thomas Rachel MdB, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), bei der Vorstellung des Projekts in unmittelbarer Nähe des Indener Tagebaus informieren. Dabei wird Staatssekretär Thomas Rachel bereits den ersten Förderbescheid des Bundes überreichen.
Die Veranstaltung wird am 2. September ab 11.30 Uhr via Live-Stream übertragen: www.helmholtz-cluster-wasserstoff.de
Das HC-H2 soll einen starken Impuls für die Entwicklung des Rheinischen Reviers und darüber hinaus des gesamten des Industriestandorts Nordrhein-Westfalen zu einer Wasserstoff-Modellregion mit europäischer Strahlkraft geben. Zu diesem Zweck wird das HC-H2 innovative Technologien für die Produktion, Logistik und Nutzung von grünem Wasserstoff erforschen, entwickeln und großskalig demonstrieren. Forschung und Entwicklung, Technologiedemonstration in realen Anwendungsszenarien sowie Einbindung innovativer Technologien in bestehende Infrastrukturen greifen im HC-H2 ineinander und ermöglichen neue Wertschöpfung in der Region. Das Rheinische Revier soll damit als attraktiver Standort für innovative Energie-Unternehmen, Industrieansiedlungen und Gründer gestärkt werden. Es sollen neue Arbeitsplätze unterschiedlichster Qualifikationsprofile entstehen.
Fokus liegt auf schneller Umsetzung
Im Zentrum der Forschung, dies zeichnet das HC-H2 aus, stehen Technologien, die auf bereits existierende oder schnell und günstig installierbare Infrastrukturen für die Lagerung und den Transport von Wasserstoff zurückgreifen. Dies soll die rasche Umsetzung im großen Maßstab ermöglichen. Ein Beispiel ist das vorhandene Erdgasnetz, das sich auch zum Transport von Wasserstoff nutzen lässt. Daneben konzentriert sich das HC-H2 auf flüssige oder leicht verflüssigbare Wasserstoffträger, die sich ähnlich wie konventionelle, fossile Brennstoffe handhaben lassen. So lässt sich Wasserstoff beispielsweise chemisch in Form von Methanol oder anderen Alkoholen sowie Ammoniak speichern. Ein weiterer Schwerpunkt wird die Optimierung und Skalierung der LOHC-Technologie sein. Dabei wird Wasserstoff an organische Trägerflüssigkeiten gebunden. Diese lassen sich etwa mit Tankschiffen oder Tanklastern transportieren und in Tanklagern speichern. Die bestehende Infrastruktur für flüssige Kraftstoffe kann so weiter genutzt werden.
Innovation und Demonstration
Als Kern des HC-H2 wird ein H2-Innovationszentrum etabliert, in dem das Forschungszentrum Jülich seine breite Wasserstoff-Expertise einbringt und sich mit Partnern vernetzt. Im Forschungszentrum selbst wird das neue Institut für Nachhaltige Wasserstoffwirtschaft (INW) gegründet. Entscheidend ist der Brückenschlag in die Anwendung: Rund um den Kern innovationsgetriebener Forschung wird eine H2-Demonstrationsregion etabliert. Im gesamten Rheinischen Revier werden Demonstrationsprojekte und ‑anlagen in relevanter Größenskala geplant und aufgebaut; sie sollen die entscheidenden Impulse geben, damit aus dem Cluster unternehmerisches Engagement für eine nachhaltige Wasserstoffwirtschaft erwächst. Wesentlich für das gesamte HC-H2 ist, dass es die Wasserstoffaktivitäten der Region miteinander verbindet und relevante Partner aus Forschung, Industrie, Verbänden und Kommunen einbezieht. Damit diese Aktivitäten auch räumlich leicht zusammenfinden können, soll die Arbeit des HC-H2 überwiegend außerhalb des Campus des Forschungszentrums stattfinden; sein Institut für Nachhaltige Wasserstoffwirtschaft will das Forschungszentrum Jülich im Brainergy Park in Jülich aufbauen.
Der Aufbau des Helmholtz-Clusters wurde im letzten Jahr im Rahmen der Bund-Länder-Einigung zum Kohleausstieg beschlossen. Das HC-H2 soll als großangelegtes Forschungs- und Innovationscluster den Strukturwandel im Rheinischen Braunkohlerevier vorantreiben und so dazu beitragen, dass der Ausstieg aus der Kohleverstromung und der Aufbau eines neuen Energiesystems klimaschonend, wirtschaftlich, versorgungssicher und sozialverträglich gelingen kann.
Stimmen zum Projekt:
Ministerpräsident Armin Laschet: „Die Landesregierung Nordrhein-Westfalen und die Region haben es sich zur gemeinsamen Aufgabe gemacht, das Rheinische Revier im Zuge des Braunkohleausstiegs zu einer modernen Industrieregion im Sinne des Europäischen Green Deal zu entwickeln. Wir wollen ein klimaneutrales Land schaffen – sozialverträglich und wirtschaftlich nachhaltig. Die Wasserstoffwirtschaft spielt bei dieser Transformation eine Schlüsselrolle. Deshalb freue ich mich sehr, dass wir mit dem Aufbau des Helmholtz-Clusters für nachhaltige und infrastrukturkompatible Wasserstoffwirtschaft (HC-H2) im Rheinischen Revier die Chance haben, zu einer Wasserstoff-Modellregion ‚made in NRW‘ zu werden.“
Armin Laschet, Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen
Parlamentarischer Staatssekretär Thomas Rachel: „Der Strukturwandel im Rheinischen Revier bringt tiefgreifende Veränderungen für die Region mit sich – weg von der Kohle, hin zu einer Energieregion mit Zukunft. Die Förderung des HC-H2 stellt einen wesentlichen Baustein dar, um das Rheinische Revier zu einer Wasserstoff-Modellregion mit europaweiter Strahlkraft zu entwickeln. Dafür stellen wir im Rahmen des Strukturstärkungsgesetzes Kohleregionen rund 860 Millionen Euro bereit. Damit fördert das BMBF aktiv den Aufbau einer grünen Wasserstoffwirtschaft und eines nachhaltigen Energiesystems der Zukunft.“
Thomas Rachel MdB, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Bildung und Forschung
Prof. Wolfgang Marquardt: „Das Forschungszentrum Jülich engagiert sich für einen erfolgreichen Strukturwandel im Rheinischen Revier. Wir haben uns zum Ziel gesetzt, wegweisende Konzepte für eine innovative und nachhaltige Wasserstoffwirtschaft voranzutreiben. Das ‚Helmholtz-Cluster für nachhaltige und infrastrukturkompatible Wasserstoffwirtschaft‘ wird mit seiner Schwerpunktbildung in der Wasserstofflogistik mittels chemischer Wasserstoffträger hierfür einen zentralen Nukleus bilden. Gemeinsam mit einem Netz von Kooperationspartnern werden künftig technologieoffen unterschiedlichste Wertschöpfungsketten von der Wasserstofferzeugung bis zur sektorenübergreifender Wasserstoffnutzung abgedeckt. Durch die enge gegenseitige Verknüpfung von Forschungs- und Demonstrationsvorhaben wollen wir den Transfer der Forschung in die Praxis beschleunigen. So soll sich das HC-H2 als Innovationstreiber zu einem Leuchtturm entwickeln, der auch wegweisend für andere Regionen werden kann.“
Prof. Wolfgang Marquardt, Vorstandsvorsitzender Forschungszentrum Jülich