Das IBB-Netzwerktreffen fand dieses Jahr in gleichwohl ungewöhnlichem wie inspirierendem Ambiente statt: Am 12. und 13. Oktober 2016 standen die Gewächshäuser des Botanikums München für Experten der Industriellen Biotechnologie offen. Wie auch in den Vorjahren lieferte die Veranstaltung den Rahmen für intensives Networking, um Ideen auszutauschen und Projekte anzustoßen. Das Netzwerktreffen fand in Kombination mit den Treffen der ZIM-Kooperationsnetzwerke “BioPlastik”, “Waste2Value” und “UseCO2″ statt.
+++ Alle Fotos zum 13. IBB-Netzwerktreffen finden Sie in unserer Bildergalerie +++ Zwei Gewächshäuser des Botanikums München waren mit Beamer, Sitzplätzen und Getränketheke ausgestattet worden; große Pflanzenkübel dienten als Raumtrenner und zierten die Seiten. Neben der Location überzeugte vor allem das dichte und interessante Vortragsprogramm sowie die gute Möglichkeit zum Austausch mit anderen Firmen. Angemeldete Gäste hatten außerdem die Möglichkeit an den Treffen der ZIM-Kooperationsnetzwerke “BioPlastik”, “Waste2Value” und “UseCO2″ teilzunehmen. Nicht zuletzt sprechen die Zahlen des Netzwerktreffens für sich: Insgesamt waren an beiden Veranstaltungstagen 84 Vertreter aus KMU, Academia, Großindustrien sowie aus der Politik anwesend, in knapp 40 Fachvorträgen wurden Projekte, Firmen und Produkte vorgestellt und insgesamt 900 Tassen Kaffee konsumiert!
1. Tag
Startschuss für das 13. IBB-Netzwerktreffen war am 12. Oktober 2016 gegen 13:00 Uhr. Zur Begrüßung und Eröffnung sprach Geschäftsführer Prof. Haralabos Zorbas einige einladende Worte. Anschließend stellte er die vor kurzem ausgerufene BMBF-Fördermaßnahme “Innovationsräume Bioökonomie” als eine mögliche zukünftige und vielversprechende Form der Zusammenarbeit zwischen IBB Netzwerk GmbH und dem Netzwerk IBB vor. Es folgten Grußworte von Dr. Manfred Wolter vom Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie; in seiner Ansprache begrüßte er das IBB-Netzwerktreffen als einen wichtigen Beitrag zum Technologietransfer in Bayern und darüber hinaus. Im Anschluss starteten die Fachvorträge. Als erster Speaker gab Dr.-Ing. Joachim Venus vom Leibniz-Institut für Agrartechnik und Bioökonomie e.V. (ABT) eine Einführung in die “Stoffliche und energetische Nutzung von Biomasse”. Ziel des gleichnamigen Forschungsprogramms am ABT in Potsdam ist es, durch die Entwicklung effizienter Techniken und Verfahren biogene Wertstoffe und Energieträger aus der Landwirtschaft bereitzustellen. Die erste Fachsession befasste sich mit dem Thema “Proteinogene Materialien”. Dr. Michael Menner vom Fraunhofer-Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung IVV lieferte eine Zwischenbillanz zur Strategischen Allianz “TeFuProt” (Technofunktionelle Proteine), in der pflanzliche Speicherproteine als funktionaler Bestandteil in technischen Anwendungen genutzt werden sollen. Im Anschluss stellte Prof. Dr. Hauke Clausen-Schaumann, Hochschule München, das Kooperationsprojekt CANTER (“Centrum für Angewandtes Tissue Engineering und Regenerative Medizin”) vor und gab Einblick in 3D-Bioprinting in Hydrogelen. Als letzter Speaker der Session berichtete Dr. Martin Krehenbrink von der Cysal GmbH über die vielseitigen Einsatzmöglichkeiten von Dipeptiden anstelle von bisher verwendeten Aminosäuren, z.B. in Aquakulturen oder in der Hautpflege/Kosmetik. Nach einer kurzen Kaffeepause folgte die Session über “Synthetische Biotechnologie”. Als erste Speakerin berichtete Prof. Dr. Petra Schwille vom Max-Planck-Institut für Biochemie über das in 2014 gestartete Projekt “MaxSynBio”. Insgesamt neun Max-Planck-Institute sowie eine Universität arbeiten an der Etablierung von Protozellen, die über alle relevanten funktionellen Module einer Zelle verfügen. Im Anschluss stellte Dr. Axel Trefzer die ThermoFisher Scientific GENEART GmbH vor; mit Hilfe von systematischen Modifikationen können optimale Gene gefunden bzw. synthetisiert werden. Die synthetische Biotechnologie hat damit das Potenzial neue Medikamente, Impfstoffe oder auch neue Anbaupflanzen zu designen. Nächster Programmpunkt war das Verbundprojekt “Advanced Biomass Value (ABV)”. Einen Überblick über das in 2013 gestartete Projekt gab Dr. Farah Quora von der Technischen Universität München. Die Partner von ABV wollen Algenbiomasse stofflich und energetisch nutzen; Aus Lipiden in den Algen sollen hochwertige Schmierstoffe hergestellt werden, die restliche Algenbiomasse soll außerdem für die Produktion von Kerosin weiterverwendet werden (mehr…). Nach diesem Überblick diskutierte Dipl.-Phys. Rolf Luther von der FUCHSSCHMIERSTOFF GmbH ausführlicher die Nutzung von Algenmasse in Schmierstoffen. Zum Abschluss stellte Dr.-Ing. Andreas Schuster den Ludwig Bölkow Campus in Ottobrunn vor; der Campus ist Forschungs- und Technologiestandort für Industrien und Academia aus dem Bereich Luft- und Raumfahrt. Auf dem Gelände befindet sich insbesondere das TUM-Algentechnikum, in dem im Rahmen von ABV an Algen geforscht wird. In der letzten Session ging es um die “Nutzung von CO2″. Zunächst berichtete Dr. Niklas Meine von der Covestro Deutschland GmbH über CO2-basierte Polyole und stellte das Innovationsprogramm EnCO2re (enabling CO2 re-use) vor, das Covestro innerhalb der “Climate-KIC” leitet. Dr. Thomas Kilthau von der Klüber Lubrication München SE& Co. KG sprach über den Einsatz von nachwachsenden Rohstoffen bzw. CO2 bei der Herstellung von Schmierstoffen. Im Anschluss stellte Dr. Doris Hafenbradl von der Electrochaea GmbH die “Power-to-Gas”-Anlage aus dem Projekt BioCat vor. Die Anlage wandelt CO2 aus einer Kläranlage bei Kopenhagen mit Hilfe von Archaebakterien und regenerativem Strom in Methan um und speist dieses ins dänische Erdgasnetz ein. AUDI ist Projektpartner bei BioCat, darüber hinaus wendet AUDI auch chemische “Power-to-Gas”-Technologien (Sabatier-Prozess) im Audi e‑gas Projekt an. Über die e‑gas Anlage in Norddeutschland sowie über weiterere Möglichkeiten zur CO2-Fixierung berichtete Simone Müller-Hellwig in ihrem Vortrag. Zum Abschluss der Session stellte Prof. Dr. Andreas Greiner von der Universität Bayreuth das innovative Biopolymer Polylimonencarbonat vor, das durch Synthese von Limonenoxid aus Orangenschalen und Kohlendioxid entsteht. Das Polymer ist hochtransparent und kann durch chemische Modifikationen weiter angepasst werden (mehr…). Den Abschluss des ersten Veranstaltungstages bildete der Gastvortrag von Univ.-Doz. Dr. Dr. Raphael Bonelli. Als Neurowissenschaftler und Psychiater bzw. systemischer Psychotherapeut beleuchtete er mit vielen anschaulichen Beispielen das Thema Perfektionismus und stand im Anschluss für einige Fragen bereit. Der Tag fand bei einem gemütlichen Abendessen im Palmenhaus des Botanikums seinen Ausklang.
2. Tag
Der zweite Tag startete gegen 9:00 Uhr mit der Session “Biokunststoffe & Biokraftstoffe”. Als erster Speaker lieferte Dr.-Ing. Stephan Kabasci vom Fraunhofer-Institut für Umwelt‑, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT Hintergründe zu Biokunststoffen, insbesondere nannte er die weltweit steigende Produktionskapazität mit Hauptanwendung bei Verpackungen; im zweiten Teil seines Vortrags berichtete er über die Herstellung von Schäumen aus Biokunststoffen bei Fraunhofer UMSICHT. Anschließend gab Dr. Hasso von Zychlinski Einblicke in die Modifikation von Biopolymeren. Aus PHB-diolen und zusätzlichen Weichkompomenten entwickelt die UnaveraChemLab GmbH flexibel einstellbare Polyesterurethane (PEU). Dr. Jürgen Stebani stellte die Compound Screening-Technologie “X‑Plorator” von der Polymaterials AG vor. Mit dem Tool können über 150 neue Compounds pro Woche erarbeitet und Wechselwirkungen zwischen Komponenten abgestimmt werden. Der letzte Vortrag der Session spannte den Bogen weiter zum Thema Biokraftstoffe. Dr. Gloria Gaupmann von der Clariant Produkte (Deutschland) GmbH diskutierte die aktuellen politischen Rahmenbedingungen für fortschrittliche Biokraftstoffe; mit der aktuell veranschlagten Beimischungsquote von 0,05% des Energiegehalts von Kraftstoffen im Verkehrssektor für das Jahr 2020 bleibt Deutschland um den Faktor 10 hinter der Empfehlung der Europäischen Kommission zurück und es werden kaum Anreize für Investoren geschaffen. Nach einer kurzen Kaffeepause folgte die letzte Session mit dem Thema “Verwendung von Reststoffen”. Dr. Stefan Marx gab einen Überblick über Herstellung, Modifikation und Funktionalisierung von aktiven Biomolekülen aus natürlichen Rohstoffen bei der N‑Zyme BioTec GmbH; insbesondere wurden bioaktive Peptine aus pflanzlichen Rohstoffen und Polyphenole aus Oliven vorgestellt. Anschließend berichtete Dipl.-Ing. Nadine Igl von NATECO2 über die Extraktion von Naturstoffen mit Hilfe von verdichtetem CO2; mit der innovativen Technologie können z.B. Carotinoide aus Algen, Omega-3-Fettsäuren aus Flachs oder ein anticancerogen wirkendes Polyphenol aus Hopfen herausgelöst werden. Dr. Carsten Bornhövd stellte den Geschäftsbereich Biotechnologie bei der Wacker Chemie AG vor; neben Bulkchemikalien werden auch Pharmaproteine, Nahrungsergänzungsmittel oder Kosmetikbestandteile entwickelt. Letzter Speaker war Dipl.-Phys. Michael Carus vom nova-Institut für politische und ökologische Innovation; in seinem Vortrag stellte er das Projekt SuperBIO vor, mit dem KMUs und Wertschöpfungsketten Fördergelder für insgesamt zehn verschiedene Innovations-Services erhalten wie z.B. Scale-up-Konzepte, Zugang zu Investoren, oder Marktanalysen. Das 13. IBB-Netzwerktreffen endete mit dem gemeinsamen Mittagessen im Palmenhaus.
Treffen der ZIM-Kooperationsnetzwerke “BioPlastik”, “Waste2Value” und “UseCO2″