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Österreichische Forscher testen Corona-Medikamente an SARS-CoV-2-Virusproben
29.06.2020
Schneller und näher am Patienten durch bereits am Markt befindliche Medikamente
Da viele dieser Medikamente bereits am Markt zugelassen sind, lassen sie sich relativ rasch zu Coronamedikamenten umfunktionieren. „Dieses Repurposing hat den Vorteil, dass chemische Substanzen schneller identifizierbar und aufgrund ihrer bereits erfolgten Zulassung für andere Erkrankungen sehr schnell für COVID-19 Patienten anwendbar sind“, erklärt Innophore-CEO und acib-Senior Researcher Christian Gruber, der weiter ausführt: „Im ersten Schritt konzentrieren wir uns darauf, Wirksubstanzen gegen das Coronavirus ausfindig zu machen. Daher screenen wir in einem weiteren Projekt durch den Einsatz von Computermodellierungen und ‑simulationen über zwei Milliarden einzelne Wirkstoffe gegen COVID-19.“Im acib-Kooperationsprojekt wird die computergestützte Suche zudem mit Hochdurchsatzscreenings im Labor ergänzt. Robotersysteme testen einerseits die in den Computermodellen vorgeschlagenen Medikamente und andererseits neue Verbindungen aus Bibliotheken hunderttausender chemischer Verbindungen direkt im Labor auf ihre Wirkung. Sie zeigen in Echt, ob die Computermodelle stimmen. Durch den Rückfluss der real gemessenen Daten in die Simulationen kann die Vorhersagegenauigkeit der Computermodelle verbessert werden. „Wir freuen uns, dass wir bereits eine Reihe an potenziellen Wirkstoffkandidaten identifizieren konnten”, verrät Gruber. Aktuell werden diese Ausgangssubstanzen im BSL‑3 Hochsicherheitslabor an der Med Uni Graz optimiert und unterschiedlichen in-vitro-Tests unterzogen, um ihre Eignung für spätere klinische Studien abzuklären.
Sichere Umgebung für hochinfektiöse Viren
Um Substanzen auf ihre Wirkung zu testen, müssen sie mit dafür eigens vermehrten, lebenden Erregern wie dem hochinfektiösen SARS-CoV‑2 Virus in Zellkulturen zusammengebracht werden. Um den Schutz von Personen und Umwelt zu gewährleisten, ist daher eine Laborinfrastruktur gefordert, wie sie am Med Uni Campus Graz zur Verfügung steht. „Das BSL‑3 Labor weist den in Österreich derzeit höchsten verfügbaren Sicherheitsstandard für Labore auf. Schleusensysteme mit unterschiedlichen Dekontaminationsverfahren, abgeschlossener Luftkreislauf mit Filtersystemen und eine hochwertige persönliche Schutzausrüstung für MitarbeiterInnen ermöglichen das sichere Arbeiten mit Mikroorganismen, welche zu schweren Erkrankungen und Epidemien führen können, wie es aktuell beim Erreger SARS-CoV‑2 der Fall ist“, sagt Kurt Zatloukal vom Diagnostik- und Forschungsinstitut für Pathologie der Medizinischen Universität Graz. Die in-vitro Tests antiviraler Medikamente folgen dabei drei Phasen: „Diese Erstphase der Covid-19 Experimente wurde bereits erfolgreich abgeschlossen. Dabei führen wir Zytotoxizitätstests durch, um sicherzustellen, dass die Verbindungen keine generelle Schädigung der Zellen verursachen und bestimmen in einem weiteren Schritt, in welcher Konzentration die Substanz eingesetzt werden kann“, so Zatloukal und Gruber. Dazu bekamen sie u.a. von der Medizinischen Universität Wien OC-43-Isolate (einer Untergruppe von Coronaviren) sowie den von der Charité — Universitätsmedizin Berlin isolierten SARS-CoV‑2 Virusstamm und Viruskulturen, die von insgesamt 17 steirischen COVID-19-Patienten angelegt wurden und unterschiedliche genetischen Varianten des Virus umfassen.„Dabei werden mehrere am Computer identifizierte Verbringungen getestet, um die Störung der Replikation von SARS-Cov‑2 zu untersuchen. Unter den getesteten Verbindungen sind sowohl Verbindungen, die als Inhibitoren für Replikationsenzyme als auch Inhibitoren, die durch Blockade essentieller viraler Transferasen wirken“, sagt Gruber. Dazu wird das Virus im Labor in Zellsysteme von aus Affen abstammenden Verozellen eingebracht und darin vermehrt. Daraufhin infizieren die Forscher die Zellen – ohne und mit Beigabe des Medikaments in unterschiedlichen Konzentrationen. „Mittels quantitativer Polymerasekettenreaktionen und verschiedener Assays analysieren wir den weiteren Infektionsvorgang und bestimmen den Titer des Virus, also dessen infektiöse Einheiten. Diese Experimente geben uns Aufschluss, ob ein Medikament die Virusvermehrung verhindern kann“, erklärt Zatloukal.