Globales Biotech-Börsenbarometer: Die Zahlen für 2011
20.08.2012
Hintergrund zur Studie Seit 1996 macht sich die Fachzeitschrift Nature Biotechnology jährlich ein Bild von der Biotech-Branche, indem es einen Blick in die Bilanzen aller börsennotierten Biotechnologie-Unternehmen wirft. Im Rückblick auf das Jahr 2011 wurden 438 Firmen erfasst (2012, Bd.30, S.751 – 757). Der Löwenanteil der Unternehmen ist in den USA an der Börse notiert (216), in Europa sind es 134. Aus deutscher Sicht werden dabei 14 Unternehmen berücksichtigt. Die Redaktion von Nature Biotechnology zieht die Grenzen der Biotechnologie dabei ähnlich wie die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und ihrer Definition dedizierter Biotech-Unternehmen. So werden vor allem jene börsennotierten Firmen miteinbezogen, deren Hauptgeschäftsfeld die Biotechnologie darstellt. Pharmaunternehmen, Firmen der Medizintechnik sowie CROs werden nicht dazugezählt. Die Datenbasis für die Untersuchung stammen von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young, dem Branchendienst BioCentury sowie den Bilanzberichten der jeweiligen Unternehmen. Inhaltlich erfasst die Studie die gesamte finanzielle Situation der Unternehmen, angefangen bei der Kapitalversorgung bis hin zu Übernahmen, Forschungsausgaben, Gewinn und Bestseller-Medikamenten. Kapital Wichtigster Indikator für börsennotierte Firmen ist der Strom an Kapital, den sie erhalten. Wie die Analyse in Nature Biotechnology zeigt, ist 2011 weniger Kapital geflossen als im Vorjahr. Die Finanzströme beliefen sich insgesamt auf 87 Milliarden US-Dollar, 10 Prozent weniger als noch 2010 (Abb. 2). Die Verteilung der Finanzierungsquellen der Unternehmen zeigt: Im Jahr 2011 wurden knapp 5,5 Milliarden Dollar Wagniskapital eingenommen, nach Angaben der Autoren bewegt sich dieser Wert etwas unter dem Mittel der fünf vergangenen Jahre. Die angespannte Situation an den Kapitalmärkten führte auch dazu, dass sich auch 2011 nur eine überschaubare Zahl von Biotechnologie-Firmen an die Börse traute. Weltweit kamen 13 Unternehmen hinzu, im Jahr 2010 waren es noch 19 gewesen. Kein Vergleich ist das zu den Jahren 2004 bis 2007, in denen die Zahl der „Börsengänger“ weltweit noch um die 50er-Marke pendelte. Erlös pro Börsengang gestiegen Gestiegen sind indes die Erlöse aus den Börsengängen (IPOs), sie beliefen sich insgesamt auf rund 1 Milliarde US-Dollar. 2011 brachte ein durchschnittlicher Börsengang 81,4 Millionen Dollar ein, 2010 waren es 51 Millionen gewesen. Wesentlich beeinflusst wurde der neue Wert von den Börsengängen dreier US-Unternehmen, die in der industriellen Biotechnologie tätig sind (Solazyme, Gevo, KiOR) – nahezu 500 Millionen Dollar gingen auf ihr Konto. Dem in San Francisco ansässigen Unternehmen Solazyme gelang auch der größte Biotech-Börsengang des Jahres 2011. Das auf Mikroalgen-Nutzung spezialisierte Biotech-Unternehmen sicherte sich 227 Millionen US-Dollar. Schuldverschreibungen (debt deals) machten im vergangenen Jahr bei den börsennotierten Biotechs den größten Anteil der eingenommenen 87 Milliarden Euro aus (36,7 Mrd. Dollar). Weniger Partnerschaften Relativ stark zurückgegangen sind allerdings die Einnahmen aus Partnerschaften – sie schlugen mit 38 Milliarden Dollar zu Buche — ein Minus von 37 Prozent zu 2010. Die Liste der finanzstärksten Kooperationschlüsse führt Vertex Pharmaceuticals an, das mit der kalifornischen Alios Biopharma einen Deal zu einem Hepatitis C‑Wirkstoffkandidaten mit einem Gesamtumfang von 1,5 Mrd. Euro bekanntgab. Einen ähnlichen Umfang (1,4 Mrd. Euro) hat die Zusammenarbeit von Aveo Pharmaceuticals und der japanischen Astellas Pharma. Übernahmen Biotechnologie-Unternehmen sind für die Pharmakonzerne nachwievor begehrte Übernahme-Kandidaten – mit solchen Zukäufen möchte Big Pharma seine stockende Medikamenten-Pipeline aufrüsten (Abb. 3). Die spektakulärste Übernahme 2011 gelang dem französischen Pharmamulti Sanofi, der sich den Bostoner Biotechnologie-Riesen Genzyme mit 20,1 Milliarden US-Dollar einverleibte. In der Biotechnologie-Branchengeschichte markierte dieser Deal die zweitgrößte jemals getätigte Übernahme (Roche übernahm Genentech 2009 für 46,8 Mrd. US-Dollar). Der US-Pharmakonzern Cephalon wurde von Teva Pharmaceuticals gar für 6,8 Mrd. US-Dollar gekauft. Grifols bezahlte für die Übernahme von Talecris 3,4 Mrd. Euro. Und der niederländische Impfstoff-Spezialist Crucell wurde vom US-Gesundheitskonzern Johnson & Johnson für die Summe von 2,4 Mrd. Dollar übernommen. F&E‑Ausgaben, Gewinne und Bestseller Die globale Biotechnologie-Landschaft lag 2011 auf stabilen Kurs. Auch wenn die Zahlen des von Sanofi übernommenen Biotech-Riesen Genzyme nun nicht mehr in der Analyse berücksichtigt werden, konnte die Branche 2011 insgesamt Gewinne verbuchen. Insbesondere die Schwergewichte der Branche haben dazu beigetragen, also jene Unternehmen, die eine Marktkapitalisierung von mehr als 5 Milliarden Dollar Wert vorweisen können (Abb. 4). In dieser Kategorie wurden 13,6 Milliarden Dollar Gewinn erwirtschaftet. Die Unternehmen mit einem Marktkapitalisierungswert von einer bis fünf Milliarden Dollar rutschten indes 2011 knapp ins Minus. Die Ausgaben für Forschung und Entwicklung (F&E) lagen 2011 bei 23,5 Milliarden Dollar. Der Löwenanteil davon – 11,8 Milliarden Dollar — wurde dabei aber von den Schwergewichten der Branche gestemmt. [gekürzt] Quelle: biotechnologie.de