Das Team von Stanislav Gorb beschäftigt sich mit der funktionellen Analyse von tierischen Oberflächen: Warum halten Geckofüße an der Wand? Warum scheuert die Schlangenhaut nicht durch, während sich die Schlange vorwärts bewegt? Neuestes Studienobjekt der Kieler Wissenschaftler sind Spinnenfäden: Der sogenannte Sicherheitsfaden wird von Spinnen zum Absichern, Abseilen und für die Rahmenstruktur des Netzes verwendet. Die Fäden werden mit so genannten Haftscheiben auf Untergründen und an anderen Fäden befestigt. Die Haftscheibe entsteht bei rotierenden Bewegungen der Spinnwarzen und wird in einem speziellen Gittermuster aufgetragen.
Haftscheibe hält Stand
Die Forscher um Gorb analysierten, wie Haftscheiben auf verschiedenen Untergründen halten. „Dafür haben wir die Spinnen auf Glas, Teflon und auf das Blatt eines Bergahorns gesetzt, wo sie jeweils Haftscheiben hinterließen. Dann haben wir durch Zugversuche die Kräfte gemessen, die nötig waren, um die Haftscheiben vom Substrat zu lösen“, erklärt Co-Autor Jonas Wolff. Auf Glas hafteten die Spinnenfäden so gut, dass sie rissen, bevor es zu einer Ablösung kam, so Wolff weiter. Auf Teflon dagegen lösten sich die Haftscheiben komplett ab, hafteten aber immer noch so gut, dass sie in den meisten Fällen ein Vielfaches des Spinnengewichtes halten konnten. „Auf der Blattoberfläche ist die Klebekraft schließlich soweit herunter gesetzt, dass sich die Haftscheibe in den meisten Fällen komplett ablöst“, ergänzt Wolff.
Schlechte Haftung auf Blättern
Die Forscher erklären dieses Phänomen damit, dass Pflanzenoberflächen oft mit Mikrostrukturen und/oder Wachsen ausgestattet sind, um pflanzenfressenden Insekten das Laufen zu erschweren. Diesem Problem sind natürlich auch die Spinnen ausgesetzt, wenn sie in der Vegetation ihre Netze bauen wollen. „Wir vermuten, dass der Wettkampf zwischen Pflanze und pflanzenfressenden Insekten auch für die Spinnen einen evolutionären Druck darstellte, bessere Kleber zu entwickeln“, so Wolff weiter. Momentan untersucht das Team, wie genau die Haftscheiben aufgebaut sind und funktionieren. „Unsere Erkenntnisse könnten für die Entwicklung neuartiger hocheffizienter, ökonomischer und ökologischer Klebstoffe von großem Nutzen sein“, erläutert Projektleiter Gorb die Anwendungsmöglichkeiten, die sich aus der Forschung potenziell ergeben könnten. Quelle: biotechnologie.de/pg