Über den Tellerrand: Das Sozialleben von Bakterien
27.12.2013
Sie sind überall – in Böden, auf Gestein, in Wasserleitungen, auf unserer Haut: Bakterien, Pilze und andere Mikroorganismen. Gerade an solchen Grenzflächen sind sie jedoch oftmals keine Einzelgänger, sondern gründen eine Kolonie: „Die Bakterien bilden einen Biofilm – eine Art Schleimschicht, in der die Mikroben miteinander kommunizieren und interagieren“, erklärt Dr. Ákos Kovács von der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Ähnlich wie Ameisen und Bienen leben sie in einer sozialen Gemeinschaft, in der jeder Organismus eine bestimmte Rolle spielt und von den anderen profitiert. „Doch im Gegensatz zu den beiden Insektenarten sind die komplexen Wechselbeziehungen zwischen den Mikroorganismen in einem Biofilm bisher nur wenig erforscht“, sagt Kovács. Der Begriff „Biofilm“ wurde 1981 das erste Mal verwendet. Die ersten Studien über das Sozialverhalten von Bakterien innerhalb eines Biofilms sind noch nicht einmal zehn Jahre alt. An der Universität Jena besteht seit 2012 eine Nachwuchsforschergruppe, die sich ausschließlich mit dieser speziellen Lebensform von Mikroorganismen beschäftigt. Die Jenaer Wissenschaftler der neuen Nachwuchsforschergruppe „Terrestrial Biofilms“ wollen den molekularen Mechanismen innerhalb eines Biofilms auf den Grund gehen. Ihr Forschungsobjekt ist Bacillus subtilis, der stäbchenförmige, zwei Mikrometer große Heubacillus. „Wir versuchen, die Signale und die Interaktionen der Bakterien und damit die Entstehung von Biofilmen zu entschlüsseln“, erläutert Kovács. „Wir isolieren zum Beispiel eines der Bakterien und untersuchen dann, wie sich das auf die restliche Population auswirkt“, veranschaulicht der Biologe. Mithilfe von Fluoreszenzmikroskopie und mathematischen Modellen wollen die Wissenschaftler herausfinden, weshalb Bakterien sich lieber in solchen Gemeinschaften organisieren anstatt sich als Einzelkämpfer durchzuschlagen. Denn Biofilme sind von essentieller ökologischer und medizinischer Bedeutung: so sind Bakterien für zahlreiche Infektionskrankheiten verantwortlich, doch noch immer ist nicht vollständig geklärt, weshalb in Biofilmen gruppierte Bakterien resistent gegen Antibiotika sind. Gleichzeitig verursachen Biofilme aber auch positive Effekte, wie etwa in der Landwirtschaft: „Bakterien in Biofilmen können beispielsweise für besseres Pflanzenwachstum und damit einen höheren Ertrag sorgen, da sie die Pflanzen vor Pilzbefall schützen“, erklärt Kovács. Für die Zukunft plant Ákos Kovács verstärkt mit anderen Wissenschaftlern zu kooperieren. Weitere Informationen finden Sie unter https://sites.google.com/site/terrestrialbiofilms/ Quelle: idw